Enlils Aussehen
Enlil wird im Mythos Enlil und Ninlil als ein Mann mit hellen Augen beschrieben, was vermutlich bedeutet, dass er strahlend blaue Augen hat. Enlil wird, wie die meisten sumerischen Götter, zumeist mit einem Vollbart dargestellt. Er ist der Großvater von Inanna und wird daher etwa 40 Jahre älter dargestellt als sie, also im Alter von etwa 65 Jahren. Als oberster Gott der Anunnaki wird er oft als königliche Figur dargestellt, die Autorität und Macht ausstrahlt.
Enlils Persönlichkeit
Enlil gilt als autoritärer und strenger Machtmensch, der dazu neigt, zu drastischen Mitteln zu greifen, wenn er seine Stellung im Pantheon oder seine Projekte bedroht sieht. Um die Götter als allmächtig darzustellen, stellt er Naturkatastrophen als bewusste Entscheidungen seinerseits dar, die er heraufbeschwört um die Bevölkerungsexplosion in den Griff zu bekommen. Bei wichtigen Entscheidungen hört er in der Regel auf seinen Berater, den Gott Enki.
Enlils Aufgaben als Gott
Enlil ist als oberster Gott der Anunnaki verantwortlich für die Überwachung der Ein- und Ausgaben des Landes und dafür, dass seinen Projekten ausreichend Kapital und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Mit seinen Projekten fördert Enlil den Aufbau der menschlichen Zivilisation. Er schenkt den Menschen Wissen und Fähigkeiten, die für das überleben und Gedeihen der Gemeinschaft notwendig sind. Eines seiner wichtigsten Projekte in Sumer war der Bau des Kanalsystems, das zur Bewässerung der Felder diente. Enlil ist auch der oberste Befehlshaber der Igigi und spannt diese für seine Projekte ein. In der Erzählung Der Etana Mythos wird deutlich, dass, wenn ein Gott einen neuen König ernennen will, diese Entscheidung von Enlil bestätigt werden muß.
Der Werdegang Enlils
Enlil ist der Sohn des Himmelsgottes An und der Erdgöttin Ki. Im Mythos Enki und Ereschkigal wird erwähnt, dass Enlil die Trennung von An und Ki verursacht habe, wodurch er die Verantwortung auf seine Schultern genommen habe, Beschützer und Wächter der Erde zu sein. Enlil sieht ein, dass zum Leben mehr gehört, als die bloße Existenz und macht sich Gedanken, wie er das Leben der Götter sinnvoll organisieren könnte. In ihm wächst die Einsicht,
Diese Einsicht wird später zu einer Richtschnur seines Handelns.
Im Mythos Enlil und Ninlil wird indirekt beschrieben, wie Enlil seine Macht über die anderen Götte etablierte. Damals lebte er als junger Mann in Nippur, lernte seine spätere Ehefrau Ninlil kennen und zeugte mit ihr den späteren Mondgott Nanna. Zu dieser Zeit hatte er noch nicht das Recht, die Schicksale der Götter abzuändern, war aber bereits in der Lage, dies zu tun. Als er dennoch das Schicksal seiner späteren Ehefrau Ninlil änderte, sahen sich die übrigen Götter in ihrer Macht bedroht und verbannten ihn in die Unterwelt. Auf seinem Weg in die Unterwelt ließ er seine Frau Ninlil mehrere Unterweltsgötter zeugen, was seinen Eiflussbereich bis auf die Unterwelt ausdehnte. Aufgrund seiner neu hinzugewonnenen Macht brauchte er die Unterwelt nicht mehr aufzusuchen und wurde bald darauf oberster Gott der Anunnaki.
Er ließ seine Frau seinen Sohn Ennugi zeugen, den er später mit der Überwachung des Kanalbaus beauftragen sollte. Wie in der Erzählung Das Atrahasis Epos erwähnt wird, war der Bau des Kanalsystems, das zur Bewässerung der Felder diente, eines von Enlils wichtigsten Projekten. Zum Bau der Kanäle spannte Enlil zunächst die Igigi ein, was jedoch wegen der Arbeitsbelastung zu einem Aufstand unter den Igigi führte. Später verrichteten die Menschen diese Arbeit.
Der Bau des Kanalsystems und der ersten Siedlungen wurde jedoch von einer Katastrophe überschattet. Im Mythos Enki und die Weltordnung wird erwähnt, dass die Städte Eridu und Ur überflutet worden waren, wofür Enlil die Verantwortung übernahm. Diese Überschwemmung, die auf etwa 3500 v. Chr. datiert werden kann, war noch nicht die Sintflut. Anschließend beauftragte Enlil den Gott Enki, den Wohlstand der Menschen zu mehren bzw. wieder herzustellen, während er selbst die Ein- und Ausgaben des Landes in Nippur verwaltet.
In der Erzählung Das Atrahasis Epos wird das Problem der Bevölkerungsexplosion thematisiert, sowie die Aufgabe der Götter, dem Einhalt zu gebieten. Um die Bevölkerung einzudämmen ließ Enlil zunächst eine Krankheit, dann eine Dürre und zuletzt die Sintflut heraufbeschwören. Die Sintflut kann auf etwa 2900 v. Chr. datiert werden. Enlil war von der Vermehrungsfreudigkeit der Menschen so genervt, dass er mit der Sintflut die Menschen auslöschen und von neuem beginnen wollte. Dank Enkis Eingreifen geschah dies jedoch nicht und die Menschheit überlebte die Sintflut.
Enlil sah seine Projekte durch Menschen gefährdet, die ihm nicht wie erwünscht zuarbeiteten. Wie im Mythos Lugalbanda und der Anzu Vogel beschrieben wird, hat Enlil daher den Adler Anzu beauftragt, die Menschen auf dem geraden und schmalen Pfad zu halten, auf dem sie für Enlils Projekte von Vorteil sein würden. Er hatte Anzu daher ermächtigt, die Schicksale der Menschen in dieser Weise zu verfügen.
Enlil plante zusammen mit Inanna, das Reich der Götter auf Erden zu errichten. Wie in der Erzählung Das Gilgamesch Epos beschrieben wird, sollte die Residenz der Götter in einem Zedernwald errichtet werden und von dem Riesen Humbaba bewacht werden, den Enlil zu diesem Zweck erschaffen hatte. Dieses Projekt scheiterte jedoch dank Gilgamesch.