Der vorliegende Text wurde aus zwei Quellen zusammengetragen. Unverständliche Teile wurde direkt aus dem Sumerischen neu übersetzt. Obwohl beide Quellen dieselbe Handlung thematisieren, wird das Land Dilmun in beiden Quellen unterschiedlich beschrieben. Die Quelle, die die ältere zu sein scheint, beschreibt Dilmun zunächst als ein Land ohne Leben, das in einer ausgetrockneten Oase am Rand einer Wüste liegen könnte, aber schließlich aufblüht und als Handelsplatz für Sumer Bedeutung erlangt. Die zweite Quelle beschreibt Dilmun als ein Land, das nicht Teil der Mittelwelt ist, sondern Teil von Enkis Abzu sein könnte und in dem die Götter sich zeitweise aufhalten. Laut der zweiten Quelle speist Dilmun die Flüsse Sumers. Damit der Text konsistent ist, wird Dilmun hier wie in der ersten Quelle dargestellt, beschrieben.
Stadt [von Dilmun], du vollkommen reine Stadt.
Die Götter haben dir Dilmun sehr rein übergeben.
Sumer, du reines Land.
Die Götter haben dir Dilmun sehr rein übergeben.
Dilmun ist rein, Dilmun hat Reinheit erlangt.
Dilmun erlangte Reinheit, Dilmun wurde rein übergeben.
Jungfräulich (ohne Leben) ist das Land Dilmun.
Unberührt ist das Land Dilmun.
In Dilmun krächzte der Rabe noch nicht, das Rebhuhn gackerte nicht. Der Löwe tötete nicht, der Wolf riss keine Lämmer, dem Hund hatte man nicht beigebracht, wie man Kinder verängstigt, und das Schwein hatte nicht gelernt, dass Getreide gegessen werden muss. Wenn eine Witwe Malz auf das Dach gestreut hat, haben die Vögel das Malz dort oben noch nicht gefressen. Die Taube hat dort den Kopf nicht unter ihren Flügel gesteckt.
Keine Augenkrankheit sagte dort: "Ich bin die Augenkrankheit." Keine Kopfschmerzen sagten dort: "Ich bin der Kopfschmerz." Keine alte Frau, die dazugehört, sagt dort: "Ich bin eine alte Frau." Kein alter Mann, der dazugehört, sagt dort: "Ich bin ein alter Mann." Kein Mann, der einen Kanal aushob, sagte dort: "Es wird schon dunkel." Kein Herold machte die Runde in seinem Grenzgebiet. Kein Sänger hat dort ein Elulam gesungen. In den Außenbezirken der Stadt wurden keine Wehklagen laut.
Und es war zu jener Zeit in Dilmun, als Enki, der weise Gott der Magie und des Süßwassers, der Schutzherr des Handwerks und der Fertigkeiten, die Frau der steinernen Einöde, Ninhursag, traf, sich in sie verliebte und sich mit ihr niederlegte. Sie legten sich ganz allein in Dilmun nieder. Der Ort, an dem Enki sich mit seiner Gattin Ninhursag niedergelegt hatte, dieser Ort war noch jungfräulich (ohne Leben), dieser Ort war noch unberührt.
Der Kuss der Erdmutter hatte den unbekümmerten Gott des Süßwassers verändert: Ninhursag hatte ihn durch das tiefste aller Bande, den Faden der Verzauberung und der Leidenschaft, der Liebe genannt wird, völlig in ihren Bann gezogen. Das Gefühl war so tief, dass der Gott des Süßwassers, der Magie und des Handwerks, Ninhursag einen Heiratsantrag machte, mit dem Enthusiasmus des Herzens eines jungen Verliebten.
Doch Ninhursag sagte zu Enki:
"Du hast mir eine Stadt gegeben. Du hast mir die Stadt von Dilmun gegeben. Was nützt mir dein Geben?
Du hast mir eine Stadt gegeben, die keinen Flusskai hat. Du hast mir eine Stadt gegeben. Was nützt mir dein Geben?
Du hast mir eine Stadt gegeben, die keine Felder hat, weder Flur noch Furche. Was nützt mir dein Geben?"
Überrascht erkannte Enki, dass er zwar sein ganzes Wesen der Geliebten gegeben, aber vergessen hatte, sich um ihren irdischen Körper, das Land, zu kümmern. Daraufhin stellte er sich der Herausforderung, das Land mit Wasser zu versorgen. Enki antwortete Ninhursag:
"Für Dilmun, das Land des Herzens meiner Herrin, werde ich lange Wasserwege, Flüsse und Kanäle schaffen, durch die Wasser fließen wird, um den Durst aller Wesen zu stillen und allem, was lebt, Überfluss zu bringen.
Wenn die Sonne am Himmel aufsteigt, wird ihr Voranschreiten den Lauf des festlichen Ereignisses bestimmen. Wenn schließlich der heilige Ort in Mondlicht getaucht wird, werden die unterirdisch fließenden Wasser aus den Quellen sprudeln. Möge das Wasser aus ihm in deine großen Becken steigen. Möge deine Stadt reichlich Wasser daraus trinken. Möge Dilmun reichlich Wasser aus ihnen trinken. Mögen deine Becken mit Salzwasser zu Becken mit Süßwasser werden. Möge deine Stadt ein Handelsplatz mit Kai für das Land werden. Möge Dilmun ein Handelsplatz mit Kai für das Land werden."
Als an jenem Tag Utu am Himmel aufstieg und sein Voranschreiten den Lauf des festlichen Ereignisses bestimmte, und schließlich der heilige Ort durch Nanna in Mondlicht getaucht wurde, begannen die unterirdisch fließenden Wasser aus den Quellen zu sprudeln. Das Wasser stieg von dort in ihre großen Becken auf. Ihre Stadt trank reichlich Wasser aus ihnen. Dilmun trank reichlich Wasser aus ihnen. Seine Becken mit Salzwasser wurden zu Becken mit Süßwasser. Seine Felder, Gräben und Furchen brachten ihm tatsächlich Getreide ein. Seine Stadt wurde tatsächlich zu einem Handelsplatz mit Kai für das Land. Dilmun wurde in der Tat zu einem Handelsplatz mit Kai für das Land. In jenem Augenblick, an jenem Tag und unter jener Sonne geschah es tatsächlich.
Enki, der Weise, hat für Ninhursag, der Mutter des Landes, das öde Land durch seinen Phallus erzittern lassen. Mit seinem Phallus hat er das Land neu und großartig, kontinuierlich lebendig gemacht. Mit seinem Phallus hat er den Sumpf gezeugt, ohne dass jemand ihn dazu hätte ergreifen müssen. Enki rief aus:
"Beim Lebensatem des Himmels beschwöre ich dich. Lege dich für mich in den Sumpf, lege dich für mich in den Sumpf, das wäre freudig."
Enki verteilte seinen Samen, der für Ninḫursag bestimmt war. Er goss seinen Samen in Ninḫursags Schoß und sie empfing den Samen im Schoß, den Samen von Enki. Ninhursag freute sich über Enkis mächtige Taten und sagte zu ihm:
"Geliebter, die kraftvolle Berührung deines Phallus, die Essenz von Mutter Nammu, die tief in dir liegt, hat das Land, meinen steinernen Körper, verwandelt. Ich fühle die Kraft des Lebens, die in mir pulsiert und sich auf meiner Oberfläche offenbart, während ich freudig die Sümpfe und Schilfflächen gebäre und ernähre, die von nun an Fische, Pflanzen, Tiere und alles, was atmet, beherbergen werden. So nenne ich mich Nintur, die Gebärende, die Gebärmutter der feuchten Länder an den Flussufern."
Enki antwortete:
"Ninhursag, Geliebte, wie kann man sich nur mit dir vergleichen? Ich kann deiner wilden, süßen Art nicht widerstehen, also liege noch einmal bei mir und erfülle meinen Körper, mein Herz, meine Seele und meinen Geist mit unendlichen Wonnen! Für mich wirst du für immer meine wilde, große Gemahlin sein, leidenschaftlich und sehr geliebt!"
Ninhursag lachte und begrüßte den Eifer Enkis. Für Ninhursag waren die neun Monate Schwangerschaft nur neun Tage. Der neunte Monat war der Monat der Geburt. Das Wasser Dilmun’s wurde reichlich. Das Wasser wurde wahrlich reichlich. Ninhursag, die Göttin der Geburt ist die Mutter des Landes. Sie gebar Ninsar (Ninnisig), die Dame der Lebenskraft, die Herrin der Vegetation, des grünen Teppichs aus Gras, Blättern und Blumenbeeten, der die Oberfläche der Erde bedeckt.
Enki war überglücklich über die Geburt des Kindes von ihm und Ninhursag:
"Wie perfekt, wie schön ist unsere Ninsar! Ich liebe bereits die Frau in dem Mädchenkind, die junge Anunnaki-Göttin und Herrin der samtenen Wiesen und grünen Felder. Die Bande, die mich an Ninsar binden, sind stark und von einer noch größeren Liebe beseelt, denn in ihrem Gesicht sehe ich auch das von Ninhursag, der Einzigen für mein wanderndes Herz."
Die große Frau hielt Ninsar in ihren Armen, küsste Enki auf den Mund und sagte:
"Bald wird meine Zeit kommen, Dilmun zu verlassen, aber in dieses heilige Land werde ich sicher zurückkehren, wenn die Erde in Sumer zur Ruhe kommt. Ich muss gehen, denn ohne meine liebevolle Berührung kann der Frühling nicht zurückkehren, die Winde, die den Winter vertreiben sollen, werden nicht wehen, und alles, was da ist, wird nicht singen oder sich paaren, bis ich sie zur Rückkehr einlade. Doch bevor ich gehe, gebe ich Ninsar die Kraft, in Rekordzeit zu wachsen, und im heiligen Dilmun hinterlasse ich meine kleine Tochter sicher und wohlbehalten vor jeder Krankheit, jedem Hass oder Schaden."
Wie die große Dame verkündet hatte, war Ninsar neun Tage später ausgewachsen, bezaubernd und anmutig, ein Anblick, der sich sehen lassen konnte. Dann brach Ninhursag nach Sumer auf. Enki wusste, dass er seine Geliebte schrecklich vermissen würde, aber während sie in Sumer damit beschäftigt war, ihre Essenz zu spenden, damit das Land glücklich und fröhlich wachsen konnte, war Enki im heiligen Dilmun ebenso beschäftigt. Es war seine heilige Pflicht, das Ansteigen und Fallen aller befruchtenden Gewässer zu überwachen. So sehr er Ninhursag auch vermisste, wusste Enki, dass er Dilmun nicht verlassen konnte, bevor alle Wasserwege gefüllt waren um sicherzustellen, dass die Menschen genügend Wasser für ihre Ernte hatten.
Es war am Ende eines Tages, an dem er völlig in die mächtige Aufgabe vertieft war, den Wasserfluss zu kontrollieren, als Enki Ninsar sah, die allein durch die Sümpfe ging. Sie war in der Tat eine schöne Göttin geworden, und Enkis Augen fielen auf die der Jungfrau. Tief in seinem Inneren fühlte der Herr des Süßwassers eine Sehnsucht, die er noch nicht definieren konnte. Er wusste nur, dass seit dem Weggang von Ninhursag keine andere Maid sein Herz so berührt hatte wie diese. In der Tat war sie, die allein durch die Sümpfe wanderte, diejenige, die Ninhursag am nächsten kam, die er zu sehen glaubte. Enki verlor keine Zeit und begann sofort, um die junge Frau zu werben und sie zu ermutigen, ihn am Flussufer wild zu lieben.
Neugierig und begierig darauf, die Macht der Liebe in ihrem Körper, ihrem Geist, ihrer Seele und ihrem Herzen zu erfahren, gab sie, die junge Göttin der grünen Felder und üppigen Wiesen, dem Herrn der Süßwassers nach, und gemeinsam machten sie wilde Liebe.
Doch als der Morgen anbrach, sah Enki in Ninsars Augen und fand in ihr ein liebevolles, aber blasses Abbild von Ninhursag. Was ist an ihr, das letzte Nacht so verführerisch war, aber jetzt im hellen Tageslicht an Substanz verloren zu haben scheint? So schön sie auch ist, sie ist nicht diejenige, die er vermisst, dachte Enki. Trotz der Zweifel, die er tief in seinem Inneren empfand, blieb Enki noch eine Weile bei Ninsar, denn er wusste, dass sein Samen in ihrem Schoß war. So blieb er bei ihr bis zum neunten Tag, als Ninsar Ninkurra gebar, ein weiteres Mädchen, die zukünftige Göttin der Bergweiden.
Wie zuvor freute sich Enki über Ninkurras Schönheit, über ihr fröhliches Lächeln und ihr süßes Gesicht. Wieder sah Enki in Ninkurra das Zeichen seiner geliebten Ninhursag. Traurig erkannte Ninsar, dass, obwohl sie eine Zeit lang von Enki leidenschaftlich geliebt worden war, in seinen Augen, seinem Körper, seiner Seele und seinem Geist eine Sehnsucht lag, die sie nicht stillen konnte.
Ninsar dachte:
"Ich war eine Zeit lang an ihn gebunden, aber er will mich nicht für sich selbst, das kann ich sagen. Ich habe nicht den Verstand, den Körper, die Seele und das Herz, das seins für eine Minute hält, die die Ewigkeit bedeutet, also lasse ich ihn gehen, jetzt und für immer. Ich muss geliebt werden für das, was ich bin, und nicht als bloßer Ersatz für jemanden, von dem ich nicht weiß, dass er ihn liebt."
Als Enki sie für die junge Ninkurra verließ, trauerte Ninsar zutiefst, fand aber Hoffnung, Sinn und Halt, indem sie aus ihrer Allverbundenheit, ihren inneren und äußeren Ressourcen schöpfte, um zu heilen und an der Erfahrung zu wachsen. Sie behielt auch ein wachsames Auge auf Ninkurra, die, wie sie selbst, in Rekordzeit wuchs.
Die liebenswerte, einfallsreiche Ninkurra bewies enorme Energie, indem sie die höchsten Höhen, bis hinauf zu den Berggipfeln, erklomm, aber auch ihre Essenz mit dem Boden verbunden hielt. Auf diese Weise wuchs Ninkurra, die Göttin der Bergweiden, sicher vor jeglichem Hass oder Schaden.
Weitere neun Tage vergingen, und als Ninkurra auf einem Berggipfel spielte, erkundete sie aus Neugier einen Brunnen, der aus dem Nichts auftauchte, um das Grün und die Wildblumenbeete zu bewässern, die sie gerade wachsen ließ. Zu ihrer großen Überraschung und Freude nahm der Brunnen die Gestalt eines stattlichen Gottes an, der sich ihr als Enki, der Herr der Süßwassers, vorstellte.
Wieder blickte Enki in Ninkurras junges und fröhliches Gesicht und wünschte sich, in die Umarmung des Mädchens einzutauchen, denn sie erinnerte ihn an Ninhursag, die Einzige in Enkis wanderndem Herzen. Die Jungfrau auf dem Berggipfel hatte den Herrn der Süßwassers jedoch angezogen. Hatte er sich wieder verliebt?
Ninkurra, die ein so behütetes Leben in den Höhen der Berge geführt hatte, war von dem leichten Charme des älteren, erfahreneren Gottes völlig verzaubert. So gab sie sich ihm freudig hin, und sie liebten sich neun Tage und Nächte lang. Doch Enki erkannte bald, dass Ninkurra, so schön sie auch war, nicht mit Ninhursag verglichen werden konnte.
Wie zuvor verließ der Herr der Süßwassers Ninsar nach neun Tagen, als Ninkurra ein weiteres reizendes Mädchen namens Uttu, die Spinnerin, die Weberin der Muster und Lebenswünsche, zur Welt brachte.
Ninhursag, die die Erde geküsst hatte, um für den kommenden Frühling zu erwachen, war ins heilige Dilmun zurückgekehrt. Die Große Herrin, die alle Lebensformen sah und weise beurteilte, runzelte die Stirn über die Traurigkeit, die sich in Ninsars und Ninkurras Augen widerspiegelte, und sie runzelte die Stirn über Enkis ungezügelte Lust. Ninhursag wusste, wie charmant Enki sein konnte, aber egal was geschah, der jungen Uttu, der Weberin, sollte geraten werden, die Flussufer zu meiden, oder die Orte, an denen Enki und sie allein oder ohne Aufsicht angetroffen werden konnten. Ninhursags strenger Rat an Uttu lautete:
"Tochter Uttu, hüte dich vor den Sümpfen und den Flussufern, wo Enki, der Gott des Süßwassers, als Herrscher regiert. Dort wird er dich sehen, dort wird er dich begehren und dich zu seinem Eigentum machen wollen, nur um dich später ganz allein zu lassen."
*Einige Zeilen mit unklarer Bedeutung fehlen.*
Eine Zeit lang befolgte die junge Uttu den Rat der Großen Dame und hielt sich von Enkis lüsternem Blick fern. Doch eines Tages gewann Enkis Begehren das Herz der jungen Göttin, als er ihr Köstlichkeiten brachte: Äpfel, Gurken und Trauben. Enki klopfte fordernd an Uttus Haus:
"Mach bitte auf, mach auf."
Sie fragte:
"Wer bist du?"
Er antwortete:
"Ich bin ein Gärtner. Ich möchte dir Gurken, Äpfel und Weintrauben schenken, wenn du einverstanden bist."
Freudig öffnete Uttu das Haus. Enki gab Uttu, der erhabenen Frau, Gurken, Äpfel und Weintrauben. Auch schenkte er ihr Bier in das große Maß ein. Enki erregte Uttu. Voller Freude öffnete sich Uttu, um Enki, den listigen Gott, zu empfangen, und er umarmte sie mit herzlicher Freude. Er umklammerte sie an der Brust, lag in ihrem Schritt, streichelte ihre Schenkel, streichelte sie mit der Hand. Er umklammerte sie an ihrem Busen, legte sich in ihren Schritt, machte Liebe mit der Jungfrau und küsste sie. Enki goss seinen Samen in Uttus Schoß und sie empfing den Samen im Schoß, den Samen von Enki.
Später, als er immer noch in Enkis mächtigen Armen lag, kamen Zweifel in Uttus Geist, Körper und Herz. Sie dachte:
"Heute Nacht hast du mich so sehr geliebt, heute Nacht war ich deine Gattin, die Einzige, deine Liebste. Aber wirst du mich auch am Morgen noch lieben, o lustvollster aller Götter? Wirst du in meinen Armen bleiben und mich nie mehr gehen lassen? Und wirst du länger als eine heilige Nacht lieben und mit mir glückliche und schwere Zeiten teilen?"
Aber als der Morgen anbrach und Uttu in Enkis Augen blickte, wusste sie, dass sie immer noch nicht diejenige war, die den Herrn des Süßwassers gefangen halten konnte. Mit einem zärtlichen Kuss verabschiedete sich Enki, sagte aber nicht, wann er wiederkommen würde, oder ob er jemals wiederkommen würde, um zu bleiben. Uttu schluckte hartnäckige Tränen hinunter, aber sie beschloss, sich nicht dem Verlust und der Trauer und noch mehr hinzugeben.
Sie versprach sich selbst mit einer tief verwurzelten Entschlossenheit:
"Ich schwöre, dass ich von diesem Moment an nicht mehr an Enki gebunden sein werde. Wenn er mich nicht für mich selbst will, für das, was wir gemeinsam sein können, werde ich keinen seiner Samen in mir tragen!"
Uttu wandte sich sofort an Ninhursag um Hilfe. Die große Muttergöttin, die von allen geliebt wird, würde wissen, was zu tun ist, sie würde für die beste Vorgehensweise sorgen.
Ninhursag, die große Frau und Gebärmutter der Schöpfung, sagte:
"Töte Enkis Samen aus deinem Körper und vergrabe in den Tiefen der Erde das Versprechen des Lebens, das du mit ihm geteilt hast. Lass die Erde deinen und Enkis Samen aufnehmen und verwandeln. Und nachdem du dies alles getan hast, nimm dir Zeit, damit dein Körper, dein Herz, dein Geist und deine Seele heilen können. Und ich, der ich Liebe, Schmerz, Leid und unermessliche Freude gekannt habe, gebe dir, Tochter, einen ganz besonderen Segen: Möge die Weisheit der Erfahrung, die solch ein Schmerz mit sich bringt, wieder in dein Wesen eintreten, und mögest du lernen, von deinen zukünftigen Liebhabern so viel zu verlangen, wie du gibst, solange du lebst. Die Gegenseitigkeit ist der Schlüssel zu ewigen Beziehungen!"
Dort, wo Ninhursag Enkis Samen vergraben hatte, begannen neun Tage später acht Pflanzen zu wachsen, üppig und stark. Ninhursag lachte und verkündete fröhlich zu jeder von ihnen:
"Aus den Tiefen der Erde, aus meinem steinernen Schoß, kamen acht Pflanzen hervor, um der Welt mehr Segen zu bringen! Acht sind es, und von nun an wird jede von ihnen sowohl Vater als auch Mutter sein, der allererste Same einer neuen Gruppe von Wesen, die nähren, heilen und in der Herrlichkeit von Dilmun und Sumer leben werden."
Nach einiger Zeit kehrte Enki zurück, glücklich und sorglos, wie es seine Gewohnheit war. Er war nicht allein, sondern in Gesellschaft des zweigesichtigen Gottes Isimud, Enkis Wesir und Freund. Beide unternahmen lange Spaziergänge an den Flussufern, genossen die Freuden der Sümpfe. Beide sahen die üppigen Pflanzen.
"Was sind das für Wesen, Isimud, mein treuer Diener und Freund? Ich habe das Schicksal dieser Pflanzen nicht bestimmt. Was ist an ihnen so neu und doch so alt, das meinen Herz mit Sehnsucht und meinen Geist mit tief verwurzelter Neugier erfüllt? Ich möchte sie schmecken, ihr Herz kennenlernen, ihr Inneres erforschen. Was, bitte, ist das für eine Pflanze?"
Dies fragte Enki Isimud und deutete auf die nächstgelegene Pflanze. Isimud antwortete:
"Mein König, das ist eine Baumpflanze."
Da er geschworen hatte, dem Herrn des Süßwassers zu dienen, schnitt Isimud ein Stück der Baumpflanze ab und reichte es an Enki weiter, der es sofort mit Gier verspeiste.
Der Geschmack der Baumpflanze schürte noch mehr Enkis Wunsch, die Natur der anderen sieben Pflanzen zu erfahren. Er befragte Isimud über die Natur der sieben Pflanzen, ihr Wesen und ihren Inhalt. Isimud beantwortete alle Fragen seines Vaters, schnitt von jeder Pflanze eine Probe ab und gab sie an Enki weiter, der sie sofort mit Genuss verschlang. Enki bestimmte das Schicksal der Pflanzen. Dies ließ er Ninhursag in ihren Herzen wissen. Ninhursag war über alle Maßen verärgert:
"Genug ist genug!"
Dies rief die Große Mutter, Herrin und Oberste Königin der Erde, empört und wütend über Enkis Verachtung für alle Wesen, ob Mensch oder Pflanze. Sie sagte:
"Enki, du bist zu weit gegangen, indem du nicht nur die Herzensessenz junger Göttinnen übernommen hast, sondern auch acht Urmuster der Pflanzenwelt in dich aufgenommen hast. Es ist gut, Verlangen zu empfinden und das Bedürfnis zu verspüren, mit dem Geliebten eins zu werden. Aber es ist eine tiefe Verantwortung, sich zu verlieben und den Geist, den Körper, das Herz und die Seele eines Menschen zu erobern.
Du, Enki, kamst aus heiterem Himmel in das Leben vieler Jungfrauen, hast dich wie ein Hausbesetzer in ihren Herzen niedergelassen, nur um sie danach zu verlassen und nie wiederzukommen. Aber selbst dann war deine Gier, alles zu wissen und zu erfahren, noch nicht befriedigt, und so wendest du dich der neu geschaffenen Pflanzenwelt zu. Du, Enki, probiertest jede der acht heiligen Pflanzen und verschlangst sie mit Gier. Du hast nie gefragt, sondern immer genommen, ohne etwas zurückzugeben, ein Zeichen der Anerkennung, eine einfache Liebkosung.
Wie vielen hast du ein wenig Tod in ihren Geist gebracht, in ihre Hoffnung auf eine Zukunft mit dir? Für all das verdienst du eine mächtige Lektion, denn es ist höchste Zeit, dass du, Enki, im Leid lernst, was du im Glück nicht gelernt hast: Ich werde dich von diesem Moment an nie wieder mit einem lebensspendenden Auge ansehen. Möge das Leid, das du mir zugefügt hast, dreifach zu dir zurückkehren!"
Mit diesen Worten verschwand die große Ninhursag, und Enki war hin- und hergerissen zwischen der Freude, die Einzige seines Herzens zu sehen, und der wachsenden Sorge über ihre Abschiedsworte.
In der Tat begann Enkis Gesundheit zu schwinden. Es war eine seltsame Krankheit: Acht Organe seines Körpers erkrankten nach und nach. Tatsächlich begannen sie in Enkis lebendem Körper zu sterben. Die Anunnaki, die großen Götter, waren untröstlich über Enkis Leiden. Vater An, der Himmelsfürst, Enlil, der Herr der Luft und Enkis geliebter älterer Bruder, alle heilenden Götter und Göttinnen des Landes versuchten alles, was sie konnten, ohne Erfolg. Nur Ninhursag war nirgends zu finden, während sich Enkis Gesundheitszustand Tag für Tag verschlechterte.
Bald kam die Zeit, in der Enlil Enki verließ, um sich in den Staub zu setzen, so sehr war er in Verzweiflung und Sorge um die Gesundheit seines jüngeren und beliebtesten Bruders versunken. Der Herr der Lüfte trauerte um Enki. Eine Welt ohne den Herrn der Süßwassers, der Magie und des Handwerks, wie traurig wäre das! Enlil konnte sich ein Leben ohne Enkis Gerissenheit, seinen Humor und seine schiere Energie einfach nicht vorstellen.
In diesem Moment kam ein Fuchs, ein wildes Wesen, das Ninhursag heilig war, um den Herrn der Luft zu trösten:
"Ich habe das Leiden des Herrn der Süßwassers gesehen, ich habe die Klage der größten Anunnaki über Enki, ihren geliebten Bruder, miterlebt. Nur Ninhursag kann ihn heilen, nur die Herrin der ganzen Schöpfung kann ihn wieder ganz machen. Ich werde mein Bestes tun, um die Größte Herrin der Erde zu finden, die heilige Ninhursag, die ich bis ans Ende meiner Tage verehren und ihr dienen werde. Ich werde die große Göttin finden und sie hierher bringen, um die Heilung des kranken Gottes zu vollenden. Doch wenn ich Ninhursag zu dir bringe, was wird mein Lohn sein?"
Enlil antwortete dem Fuchs:
"Wenn du Ninhursag zu mir bringst, werde ich dich berühmt machen."
Die Füchsin verschwand, hielt aber ihr Versprechen, denn Ninhursag gab nach und eilte Enki zu Hilfe.
Ninhursag ging geradewegs zu der Kammer, in der Enki im Todeskampf lag, und mit einem Wink ihrer mächtigen Hand entließ Ninhursag die Heiler, Krankenschwestern und Gratulanten. Ihre Arbeit war getan. Die von Ninhursag hatte gerade erst begonnen.
Mit großer Zärtlichkeit machte es sich die Herrin der Schöpfung auf dem Bett bequem und legte Enkis Kopf vorsichtig auf ihre Vagina. Dann beugte sie sich vor und schlang ihre Arme, Beine und Brüste um den Körper des Herrn der Süßen Wasser. Enki wurde auf diese Weise liebevoll von der Großen Dame umarmt, sicher und beschützt von ihrer Wärme und ihren Armen, die sich stark und doch sehr süß anfühlten. Wie ein nährender Schoß hüllte sich die Große Frau um den Gott der Süßen Wasser. Ninhursag flüsterte leise in Enkis Ohr:
"Liebster, was tut dir weh?"
Enki antwortete mit sichtlicher Anstrengung:
"O Geliebte, mein ganzer Körper tut mir weh."
Ninhursag schaukelte den kranken Gott mit viel Sorgfalt sanft hin und her:
"Ich weiß, dass dein Körper schmerzt, liebes Herz, aber bald wirst du wieder gesund sein. Denn ich werde in meinem Schoß der Fülle, dem Nest der Schöpfung, die Samen aufnehmen, die du so gierig gegessen hast und die dich so krank gemacht haben. Ich werde sie alle in meinen Körper aufnehmen, damit sie allen Wesen Heilung und nicht Schaden bringen können. Lasst die Arbeit beginnen!"
Enki spürte, dass er keine einzige Fingerspitze mehr bewegen konnte. Gleichzeitig begann sich Wärme in seinem ganzen Körper auszubreiten, die neue Vitalität und Lebenskraft mit sich brachte. Enki hörte Ninhursags Stimme in seinem ganzen Wesen widerhallen:
"Der erste Samen, den du gegessen hast und der dich krank gemacht hat, ich nehme seine Kraft in mich auf und verwandle ihn in einen neugeborenen Gott, einen jüngeren Bruder und Sohn für dich, Liebster. Ich habe also den Gott Abu geboren, um deinen Körper zu befreien."
Die große Dame setzte ihr mächtiges Heilungsritual fort und fragte Enki nach den Namen der anderen sieben betroffenen Organe. Enki antwortete, dass ihm sein Kiefer, seine Zähne, sein Mund, seine Kehle, seine Arme, seine Beine und seine Rippen wehtun. Für jedes dieser Organe schuf Nihursag, um es zu heilen, einen Gott oder eine Göttin. Sie schuf Nintulla, Ninsutu (Ningiriutud), Ninkasi, Nazi, Azimua, Enshag und Ninti. Sie sagte:
"Den Kleinen, die ich geboren habe, soll es an Belohnungen nicht mangeln. Abu soll König der Gräser werden, Nintulla soll Herr von Magan werden, Ningiriutud soll Ninazu heiraten, Ninkasi soll das sein, was das Herz befriedigt, Nazi soll Nindara heiraten, Azimua soll Ningiszida heiraten, Ninti soll die Dame des Monats werden, und Enshag soll Herr von Dilmun werden."
Sobald Ninhursag den letzten Satz ausgesprochen hatte, fühlte Enki weder Schmerz noch Wehwehchen, er war belebt und stärker als je zuvor.
Es war, als wäre er selbst in der engen Umarmung von Ninhursag wiedergeboren worden. Weg waren die Schmerzen, das Fieber und das Zittern. Er sagte mit einer Stimme voller Staunen:
"Ich bin am Leben, und doch fühlt es sich so anders an als in dem Moment, als ich aus dem Meer von Mutter Nammu kam oder als ich Ereshkigal in der Unterwelt traf."
Er zog Ninhursag in seine Arme, denn er wollte auch ihr Gesicht sehen. Die Große Frau hatte die Augen geschlossen, aber ein Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie lehnte sich an die Kissen von Enkis Bett und hielt ihn immer noch in einer lockeren Umarmung.
Jetzt war er an der Reihe, mit immenser Zärtlichkeit zu handeln, als er die Position wechselte, um sie auf seine Brust zu legen. Tief bewegt von der Gabe des Lebens, die ihm zuteil wurde, sagte er:
"Du hast mich geheilt, indem du deine Seele in meinen Körper geschickt hast. Das ist der Grund, warum du so erschöpft bist. Und der Grund, warum ich mich infolgedessen so viel mehr als Teil von dir fühle. Wie konnte ich nur so dumm sein, dich und mich bis jetzt nicht zu verstehen? Ich habe mich nach dir gesehnt, nach deiner Umarmung, deiner Berührung. Aber vorher wollte ich dich nur für mich und begehrte alle Mägde, weil ich das Ausmaß meiner Sehnsucht nach dir und nur dir nicht kannte. Wie dumm von mir, zu glauben, dass ich in jedem Mädchen, das mir begegnete, dein Ebenbild finden würde, nur um sie zu verlassen, wenn ich merkte, dass sie nicht du waren!"
Sie küssten sich leidenschaftlich. Ninhursag sagte danach:
"Ich würde dich niemals gegen deinen wahren Willen an mich binden, Geliebter."
Sie fuhr fort:
"Und weil du dieses große Mysterium verstanden hast, weil du und ich in der Tat zu zweit sind, sollen alle Welten wissen, was ich jetzt verkünde: Von diesem Augenblick an soll bekannt werden, dass ich, Ninhursag, die Erdmutter, die weiseste aller Wesen in den Wegen der Natur, ein Haus für meinen Geliebten und mich auf einem Felsen gebaut habe, unerschütterlich und fest..."
Enki unterbrach Ninhursag mit einem Kuss:
"Lass mich das für dich beenden... für uns, Liebste. Ich, Enki, der Herr der Süßwassers, sage, dass von diesem starken und festen Felsen, der für mich Leben, Liebe und Fruchtbarkeit bedeutet, die Wasser des Lebens für immer in alle Welten fließen werden, in die wir uns wagen."
Sie küssten und umarmten sich leidenschaftlich und besiegelten ihr gemeinsames Schicksal für immer, solange sie zusammen sein wollten. Enki fuhr fort.
"Für dich bin ich hier in Dilmun geblieben, dem Ort der Wonnen, wo wir vor Hass und Unheil sicher sind. Jetzt weiß ich, dass du mich krank gemacht hast, um mir zu zeigen, dass das Band, das ich für dich fühle, stärker ist als Freundschaft oder Liebe. Ich weiß jetzt, dass wir, auch wenn wir nicht immer zusammen sein können, nie getrennt sein werden. Aber sag mir, Liebste, musstest du wirklich so radikal sein und mir den Blick des Todes zuwerfen?"
Enki war in der Tat wieder zu seinem normalen, forschenden Wesen zurückgekehrt. Ninhursag konnte vor Freude platzen, und ihr Lachen war pure Freude und Unfug:
"Das, Enki, wirst du niemals herausfinden!"
Enki gluckste, halb enttäuscht, halb amüsiert. Das Leben mit Ninhursag würde nie langweilig werden, das wusste er ganz sicher. Sie würde ihn mit ihrem Durchsetzungsvermögen, ihrem Verstand, ihrer leidenschaftlichen Art und ihrem Mut sicher noch viele Male in den Wahnsinn treiben. Aber sie war und würde für immer in seiner Zukunft sein, er liebte sie und wollte sie wie keine andere. Ninhursag war seine Seelengefährtin, sein Fels in der Brandung, die inspirierende göttliche Frau, die sein Leben erhellte. Und wenn er schon nicht das letzte Wort bei ihr haben konnte, so wusste Enki wenigstens sehr gut, wie er Ninhursag auf die süßeste und wildeste Weise für sehr lange Momente beruhigen konnte. Mit perfektem Geschick und Entschlossenheit begann er, ihren heiligen Körper zu küssen. Überall.
Gelobt sei Vater Enki.
Fehlt noch.