Wenn ich mich nur hinreichend erinnern und berichten kann, was Solon einst von den Priestern mitgeteilt und von ihm hierher gebracht wurde, so glaube ich zu wissen, dass ich meine Aufgabe für meine Zuhörer hier ziemlich gut gelöst zu haben scheine. Also lasst es jetzt geschehen, und ich werde nicht länger zögern.
Erinnern wir uns zunächst daran, dass der Krieg zwischen denen, die jenseits der Säulen des Herakles wohnten, und all denen, die innerhalb der Säulen wohnten, neuntausend Jahre zurückliegt. Von ihm habe ich nun ausführlich zu berichten. Nun ist schon gesagt worden, dass unsere Stadt an der Spitze der letzteren stand und den ganzen Krieg beendete, während die Könige der Insel Atlantis über die ersteren herrschten. Die Insel Atlantis, die wie ich bemerkte, einst größer war als Libyen und Asien zusammen, ist mittlerweile durch Erderschütterungen untergegangen und hat einen undurchdringlichen Schlamm zurückgelassen, der ein Hindernis für diejenigen darstellt, die in das jenseitige Meer hinausfahren wollen. Von den vielen anderen nichtgriechischen Völkern und allen hellenischen Stämmen, die damals existierten, wird im Laufe unserer Erzählung, wie es die Gelegenheit erfordert, ein Bild entfaltet werden. Die Verhältnisse der alten Athener und ihrer Gegner, mit denen sie Krieg führten, d. h. die Macht und die staatlichen Einrichtungen beider, müssen dagegen unmittelbar vorher beschrieben werden. Unter ihnen verdient jedoch die Beschreibung der lokalen Verhältnisse den Vorrang.
Die Götter haben einst die ganze Erde nach ihren einzelnen Gebieten unter sich aufgeteilt, und zwar ohne Streit, denn es wäre unsinnig anzunehmen, dass die Götter nicht gewusst hätten, was einem jeden von ihnen zustand. Sie erhielten also das, was ihnen zustand, durch eine gesetzlich festgelegte Verteilung und wählten dementsprechend ihre Wohnsitze. Nachdem dies geschehen war, zogen sie uns als ihre Besitztümer und Schützlinge auf, wie die Hirten ihre Herden, aber nicht so, dass sie unsere Körper mit physischer Gewalt beherrschten, wie die Hirten ihr Vieh mit Schlägen. Vielmehr führten und lenkten sie das ganze Menschengeschlecht gleichsam nur mit einem Ruder vom Heck des Schiffes aus, indem sie sich mittels ihrer (höheren) Einsicht der menschlichen Seelen durch Überredung bemächtigten.
Was nun andere Gegenden betrifft, so nahmen andere Götter sie in Besitz und statteten sie aus. Hephästos und Athene aber, da sie von Natur aus zusammengehörten, teils als Geschwister von väterlicher Seite, teils wegen ihrer gemeinsamen Liebe zur Wissenschaft und Kunst, empfingen beide unser Land als ihr gemeinsames Eigentum. Sie betrachteten es als von Natur aus geeignet, Tugenden und Weisheit hervorzubringen. Sie pflanzten daher wohlgeartete Männer als Eingeborene auf diesen Boden und legten in ihren Geist den Willen zur Gründung der Verfassung des Staates.
Ihre Namen sind erhalten geblieben, aber ihre Taten sind durch den Untergang derer, die nach ihnen kamen, und durch die Länge der Zeit vergessen worden. Denn, wie bereits erwähnt, blieb immer die Generation übrig, die auf den Bergen lebte und die Schrift nicht kannte, die nur die Namen der Herrscher des Landes hörte und wenig von ihren Taten. Sie mussten sich daher damit begnügen, diese Namen ihren Nachkommen zu überliefern. Von den Tugenden und Staatseinrichtungen ihrer Vorfahren aber wussten sie nichts, außer einigen obskuren Gerüchten über Einzelheiten. Da sie überdies mit ihren Nachkommen viele Generationen lang unter einem Mangel an dem Notwendigen litten, und daher ihren Geist eher darauf richten mussten, diesen Mangel auszufüllen, sprachen sie lieber darüber miteinander und vernachlässigten, was einst unter ihren Vorfahren und vor ihrer Zeit geschehen war. Denn das Erzählen alter Sagen und das Studium alter Zeiten tritt nur dann mit Muße in die Staaten ein, wenn sich die Sorge um die Nöte des Lebens bei manchen Menschen schon überwunden findet, und nicht vorher. Deshalb sind die Namen der Alten ohne ihre Taten erhalten geblieben.
Als Beweis für das, was ich sage, verweise ich auf die Aussage Solons, dass die ägyptischen Priester bei der Beschreibung des Krieges dieser Zeit die meisten dieser Namen erwähnten – etwa die von Kekrops und Erechtheus und Erichthonius und Erysichthon und die meisten anderen Namen, die von den verschiedenen Helden vor Theseus überliefert sind – und in gleicher Weise auch die Namen der Frauen.
Kriegerisch war die Gestalt und das Bild der Göttin, denn so wie das Kriegshandwerk damals Frauen und Männern gemeinsam war, so sollen die Athener jener Zeit nach diesem Brauch die bewaffnete Göttin als Tempelbild geweiht haben, als Beweis dafür, dass alle Lebewesen, die paarweise vorkommen, weiblich und männlich, von Natur aus fähig sind, die beiden Geschlechtern zustehende Tapferkeit gemeinsam auf beiden Seiten auszuüben.
Damals lebten in diesem Land neben den Kriegern auch die anderen Klassen von Bürgern miteinander, die sich mit dem Handel und mit dem Ertrag der Früchte der Erde beschäftigten. Aber die Klasse der Krieger, die von Anfang an von ihnen durch gottesfürchtige Männer getrennt worden war, lebte abseits von ihnen, ausgestattet mit allem, was zur Erziehung und Ausbildung notwendig war. Keiner von ihnen hatte irgendeinen ausschließlichen Besitz, sondern alle betrachteten alles als gemeinsam für sie, wie sie auch von den anderen Bürgern nichts über den notwendigen Unterhalt hinaus annahmen. Sie verfolgten überhaupt all jene Bestrebungen wirklich, die bis dahin nur vermeintlich den Wächtern zugeschrieben wurden.
Aber auch das, was damals über unser Land gesagt wurde, ist glaubwürdig und wahr: erstens, dass sich seine Grenzen damals bis an den Isthmos und gegen das übrige Festland hin bis zu den Höhen von Kitäron und Parnes erstreckten, und dass diese Grenzen sich nach unten hin so erstreckten, dass sie das Gebiet des Oropos zu Rechten hatten, zur Linken aber den Asopos vom Meer abgrenzten. Zweitens, war unser Land das fruchtbarste, weshalb es ein großes Heer von Bewohnern hätte ernähren können. Aber ein wichtiger Beweis für die Güte des Bodens ist die Tatsache, dass selbst der gegenwärtige Rest von ihm noch alle anderen Länder in der Fülle jeder Art von Früchten und Nahrung für jede Art von Lebewesen übertrifft. Damals aber gar trug er dies alles in größerer Schönheit und Fülle.
Wie also ist diese Behauptung plausibel, und welcher Rest des damals vorhandenen Landes kann zur Bestätigung ihrer Wahrheit dienen? Das ganze Land, das sich vom übrigen Festland bis zum Meer erstreckt, liegt da wie ein Vorgebirge, denn das Meeresbecken ringsum, wie es scheint, ist von großer Tiefe. Da in den neuntausend Jahren viele große Überschwemmungen stattgefunden haben - denn viele sind seit jener Zeit bis heute vergangen - hat die Erde, die in dieser Zeit und unter diesen Einflüssen von den Höhen herabgeflossen ist, nicht, wie in anderen Gegenden, einen nennenswerten Damm aufgeworfen, sondern ist jedes Mal in der Tiefe verschwunden. Und wie bei kleinen Inseln ist das, was jetzt übrig ist, im Vergleich zu dem, was damals existierte, wie das Skelett eines kranken Mannes, da die ganze fette und weiche Erde verschwunden ist und nur noch das nackte Gerüst des Landes übrig ist.
Damals, als das Land noch unversehrt war, waren seine Berge hoch und mit Erde bedeckt, und seine Ebenen, die man heute steinigen Boden nennt, waren voller reicher Erde. Auch gab es viele Bäume auf den Bergen, von denen man heute noch deutliche Spuren sieht. Obwohl einige der Berge heute nur noch Bienen Nahrung bieten, ist es noch gar nicht so lange her, dass Dächer aus den Bäumen, die dort als Sparren für die größten Gebäude gefällt wurden, noch intakt standen. Es gab aber auch viele andere hohe Bäume, nämlich Obstbäume, und das Land bot unglaublich reichhaltiges Weideland für die Herden.
Außerdem genoss es eine jährliche Bewässerung durch Zeus und verlor es nicht gleich wieder, wie jetzt, wenn es aus dem dünnen fruchtbaren Boden ins Meer fließt. So wie das Land damals in Hülle und Fülle Erdreich besaß, so nahm es auch den Regen in sich auf und speicherte ihn in einem Gehäuse aus Ton, welches das aufgenommene Wasser von den Höhen in die Tiefen hinabfließen ließ und so an allen Orten reiche Quellen und Flüsse bereitete. Von den Flüssen bestehen auch jetzt noch dort, wo sie einst ihren Ursprung hatten, heilige Zeichen der Wahrheit meiner jetzigen Erzählung über unser Land.
So war das Land von Natur aus beschaffen und wurde in der richtigen Weise von Ackerbauern bewirtschaftet, die in Wahrheit diesen Namen auch verdienten, die sich nur damit beschäftigten und fleißig waren. Ihnen war der schönste Boden und Wasser in reicher Fülle und in der Luft die trefflichste Mischung der Jahreszeiten zu Teil geworden.
Die Stadt war damals auf folgende Weise angelegt. Zunächst einmal befand sich die Burg damals in einer anderen Umgebung als heute, denn eine besonders regenreiche Nacht hatte die Erde um sie herum gelockert und weggeschwemmt, während gleichzeitig Erdbeben und eine gewaltige Überschwemmung, die dritte vor der Zerstörung zu Deucalions Zeiten, stattgefunden hatten. Damals, in früheren Zeiten, erstreckte sich die Stadt in ihrer Ausdehnung bis hinunter zu Eridanos und Ilissos, umfasste die Pnyx und hatte gegenüber der Pnyx den Berg Lycabettus als Grenze. Die gesamte Höhe war mit Erde bedeckt und, mit wenigen Ausnahmen, an der Oberfläche flach.
Das Gebiet außerhalb des Hügels, unmittelbar unterhalb seiner Hänge, wurde von den Handwerkern und den Landleuten bewohnt, die die nahegelegenen Felder bestellten. Der Hügel selbst aber, rund um das Heiligtum der Athene und des Hephaistos, wurde von der Kriegerfamilie selbst bewohnt, die ihn mit einer einzigen Mauer wie den Garten eines gewöhnlichen Hauses umgeben hatte.
Die Kriegerfamilie bewohnte den nördlichen Teil der Burg, wo sie mit Gemeinschaftshäusern und Speisesälen für den Winter und überhaupt mit allem ausgestattet war, was in ihrer Gemeinschaft zur Einrichtung von Gebäuden für sie selbst und die Priester notwendig war, aber nicht mit Gold und Silber, denn davon machten sie nie Gebrauch. So wie sie im allgemeinen den Mittelweg zwischen Hochmut und Unfreiheit einschlugen, so waren auch ihre Behausungen von mäßig guter Ausstattung, in denen sie selbst und ihre Kindeskinder alt wurden. So wie eine Generation der nächsten immer ähnlich war, so übergab sie es immer in demselben Zustand. Was den südlichen Teil der Burg betraf, so nutzten sie diesen, wenn sie ihre Gärten, Übungsplätze und Speisesäle verließen, wie es im Sommer üblich war, für jene Zwecke.
Es gab damals nur einen einzigen Brunnen an der Stelle, an der heute das Schloss steht, und nachdem er infolge von Erdbeben versiegt war, blieben die kleinen Bäche, die um ihn herum verlaufen, übrig, aber er lieferte eine völlig ausreichende Menge Wasser für alle, die damals lebten, und hatte die richtige Menge an Wärme im Winter und im Sommer.
Auf diese Weise lebten sie dort als Beschützer ihrer Mitbürger, ebenso wie frei gewählte Führer aller anderen Hellenen, und sorgten so weit wie möglich dafür, dass die Zahl ihrer eigenen kriegerischen Mitglieder - Männer und Frauen - für immer gleich blieb, die sich schon damals auf etwa zwanzigtausend belief.
Da sie von solcher Art waren und ihren eigenen Staat wie auch ganz Griechenland auf die beschriebene Weise gerecht regierten, waren sie in ganz Europa und Asien sowohl wegen ihrer körperlichen Schönheit als auch wegen ihrer vielfältigen geistigen Tugenden geachtet. Ja, sie waren das angesehenste aller damals lebenden Völker.
Nun will ich aber auch die Verhältnisse, wie sie bei ihren Gegnern bestanden und wie sie sich bei ihnen von Anfang an entwickelt haben, ans Licht bringen, sofern mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt mit dem, was ich schon als Knabe gehört habe, um euch, meine Freunde, die Nachricht davon mitzuteilen.
Ich muss meinem Bericht jedoch gleich die Bemerkung voranstellen, dass ihr euch nicht wundern solltet, wenn ihr hört, dass Nichtgriechen griechische Namen tragen, denn ihr werdet den Grund dafür erfahren. Solon, der diese Erzählung in einem Gedicht verwenden wollte, erkundigte sich nach der Bedeutung der Namen und fand, dass jene alten Ägypter, die sie zuerst aufgezeichnet hatten, sie in ihre eigene Sprache übersetzt hatten, und so nahm er seinerseits ebenfalls die Bedeutung jedes Namens wieder auf und schrieb ihn so auf, wie er in unserer Sprache übersetzt wurde. Diese Aufzeichnungen waren bei meinem Großvater, und ich habe sie noch immer, und ich habe sie in meiner Jugend sorgfältig gelesen. Wenn du also solche Namen wie hier in diesem Land hörst, sei nicht überrascht, denn du kennst jetzt den Grund.
Der Anfang der langen Erzählung lautete dann ungefähr wie folgt. Wie schon oben gesagt wurde, hatten die Götter die ganze Erde unter sich teils in größere, teils in kleinere Teile aufgeteilt und ihre eigenen Heiligtümer und Opferstätten gegründet. Die Insel Atlantis fiel an Poseidon. Poseidon verpflanzte seine Nachkommenschaft, die er mit einer sterblichen Frau gezeugt hatte, an einen Ort auf der Insel, der von ungefähr folgender Beschaffenheit war.
In der Mitte der ganzen Insel, gab es eine Ebene, die ans Meer stieß und von der gesagt wird, dass sie die schönste von allen Ebenen war und eine ausgezeichnete Bodenqualität hatte. Am Rande dieser Ebene, etwa fünfzig Stadien vom Meer entfernt, gab es einen niedrigen, auf allen Seiten flach abfallenden Berg. Auf diesem Berg wohnte einer der Menschen, die dort am Anfang der Erde entsprungen waren, namens Euenor, zusammen mit seiner Frau Leukippe, und sie hatten eine einzige Tochter, Kleito. Als dieses Mädchen das Mannesalter erreicht hatte, starben ihre Mutter und ihr Vater, aber Poseidon wurde von der Liebe zu ihr ergriffen und verband sich mit ihr.
Poseidon trennte den Hügel, auf dem er wohnte, durch eine starke Einfriedung ringsum ab, indem er mehrere kleinere und größere Ringe abwechselnd aus Wasser und Erde umeinander anlegte, zwei aus Erde und drei aus Wasser. Jeder der Ringe umkreiste die Mitte, so dass jeder in allen seinen Teilen gleich weit von den anderen entfernt war. Hierdurch wurde der Hügel für die Menschen unzugänglich, denn Schiffe und Schifffahrt gab es damals noch nicht. Er versah die Insel in der Mitte, wie es für ihn als Gott nicht schwer war, mit allem, was er brauchte. Er schuf zwei Wassersprudel, einen heißen und einen kalten, so dass sie aus einer gemeinsamen Quelle flossen, aus der Erde emporstiegen und vielfältige und reiche Früchte daraus hervorbrachten.
Was die männlichen Nachkommen betrifft, so zeugte er fünf Zwillingspaare und zog sie auf. Er teilte dann die ganze Insel Atlantis in zehn Landgebiete auf und wies dem Erstgeborenen des ältesten Paares den Wohnsitz seiner Mutter und das umliegende Gebiet als das größte und beste zu. Er ernannte ihn auch zum König über die anderen Söhne. Er machte aber auch seine anderen Söhne zu Herrschern, indem er jedem von ihnen die Herrschaft über viele Menschen und viel Land gab. Er gab ihnen auch allen Namen. Dem Ältesten und dem König, gab er den Namen, von dem die ganze Insel, die Atlantis genannt wird, ihren Namen erhielt: Atlas. Atlas war der Name des ersten Königs, der zu jener Zeit regierte.
Der nach ihm geborene Zwillingsbruder wurde Gadeiros genannt. Sein Land, das den äußersten Teil der Insel zuseiten der Säulen des Herakles umfasst, wurde nach ihm benannt wurde und heißt Gadeiros. Vom zweiten Paar nannte er dann den einen Ampheres und den anderen Euämon, vom dritten Erstgeborenen Mnaseas und den folgenden Autochthon, vom vierten den ersten Elasippos und den zweiten Mestor, vom fünften schließlich erhielt der Erstgeborene den Namen Azaёs und der Nachgeborene den Namen Diaprepes.
Sie alle und ihre Nachkommen lebten hier viele Generationen lang und herrschten auch über viele andere Inseln des Meeres, aber auch, wie bereits erwähnt, über diejenigen, die hier bis nach Ägypten und Tyrrhenien lebten.
Von Atlas stammte nun ein zahlreiches Geschlecht ab, das auch in seinen übrigen Gliedern hoch geehrt war, besonders aber dadurch, dass der König jeder Zeit die königliche Macht stets an den ältesten seiner Söhne übergab. Viele Generationen hindurch bewahrte das Königsgeschlecht diese Macht und bewahrte sich damit einen Reichtum von solchem Ausmaß, wie es ihn wohl in keinem Königreich zuvor gegeben hatte und auch in Zukunft nicht so leicht wieder geben wird. Der König wurde mit allem ausgestattet, was in der Stadt und im übrigen Lande herbeizuschaffen nötig war.
Vieles wurde diesen Königen infolge ihrer Herrschaft aus fremden Ländern zugeführt. Das meiste aber wurde von der Insel selbst für die Bedürfnisse des Lebens bereitgestellt, vor allem alles, was durch Bergbau gewonnen oder an schmelzbaren Erzen ausgegraben wurde. Eines dieser Erze, das jetzt nur ein Name ist, damals aber mehr war als das, war das Gold-Kupfer-Erzes. Dieses Erz wurde an vielen Stellen der Insel aus der Erde gewonnen und war von den damals lebenden Menschen neben dem Gold am höchsten geschätzt.
Die Insel lieferte auch alles, was der Wald für die Arbeit der Handwerker bot, in Hülle und Fülle und ernährte wilde und zahme Tiere. Sogar die Art der Elefanten war auf ihr sehr zahlreich, denn es gab nicht nur reichlich Nahrung für die Tiere im Allgemeinen, die in Sümpfen, Teichen und Flüssen leben, sowie für die, die auf den Bergen und die, die in den Ebenen leben, sondern in gleichem Maße auch für diese Tierart, die die größte und gefräßigste von allen ist.
Was auch immer die Erde sonst noch nährt, ob Wurzeln oder Gras oder Holz oder quellende Säfte oder Blumen oder Früchte, all das trug und hegte die Insel auf vielfältige Weise. Sie brachte die milde Frucht und die trockene hervor, die wir zur Nahrung brauchen, und all jene, die wir sonst zur Nahrung verwenden, und deren Arten wir mit dem gemeinsamen Namen Gemüse bezeichnen. Auch die Pflanze, die baumartig wächst und Getränk und Nahrung und Salböl zugleich liefert, brachte die Insel hervor. Ferner brachte sie die Früchte der Obstbäume hervor, die schwer zu konservieren sind, die zu unserem Vergnügen und unserer Belustigung geschaffen werden und die wir zum Nachtisch als begehrenswerte neue Anregung des gefüllten Magens für die bereits Gesättigten verwenden. All dies brachte die Insel, die zu jener Zeit den Wirkungen der Sonne durchgängig zugänglich war, in einer ausgezeichneten und bewundernswerten Form und im reichsten Überfluss hervor.
Atlas und seine Nachkommen, nachdem sie all dies von der Erde erhalten hatten, gründeten Tempel, Königshäuser, Häfen und Schiffswerften und richteten auch das ganze übrige Land ein, wobei sie nach folgender Ordnung vorgingen.
Zuerst bauten sie Brücken über die Wasserringe, die ihre alte Mutterstadt umgaben, um einen Weg zur und von der Königsburg zu schaffen. Sie errichteten sie gleich zu Beginn auf dem Wohnsitz des Gottes und ihrer Vorfahren. So empfing jede Generation die Königsburg von der vorherigen. Jede fügte zu ihrer Ausstattung hinzu und tat ihr Bestes, um ihre Vorfahren zu übertreffen, bis sie schließlich den Wohnsitz Poseidons durch die Größe und Schönheit ihrer Werke zu einem erstaunlichen Anblick gemacht hatten:
Zuerst gruben sie einen Kanal, der drei Plethren breit, hundert Fuß tief und fünfzig Stadien lang war, vom Meer bis zum äußersten Ring, und machten es so möglich, vom Meer aus wie in einen Hafen hineinzufahren, indem sie die Mündung so weit aufbrachen, dass die größten Schiffe hineinfahren konnten. Dann brachen sie auch die kreisförmigen Erdwälle, die die Wasserringe voneinander trennten, unterhalb der Brücken auf eine solche Breite durch, dass ein einziger Dreiruderer von dem einen zum nächsten hindurchfahren konnte. Sie überbrückten dann die Bresche wieder, so dass die Schifffahrt hier unterirdisch war. Die Ränder der Erdwälle hatten eine Höhe, die ausreichend über das Meer hinausging.
Der äußerste der Ringe, der einst von Poseidon gebildet worden war, war drei Stadien breit, und so war auch der Wallring, der ihm zuerst folgte. Von den nächsten beiden Ringen war der aus Wasser gebildete zwei Stadien breit, und ebenso breit war der aus Erde aufgeschüttete. Schließlich war der, der direkt um die Insel herumlief, ein Stadion breit, und die Insel selbst, auf der die königliche Burg stand, hatte einen Durchmesser von fünf Stadien.
Sie umgaben nun die Insel in der Mitte und auch die Ringe und die Brücke, die ein Plethron breit war, auf beiden Seiten mit einer Steinmauer. Sie errichteten Türme und Tore an den Brücken auf beiden Seiten zu Versperrung der Durchgänge vom Meer her. Die Steine, die sie zu diesem Zweck verwendeten, waren teils weiß, teils schwarz und teils rot. Sie brachen die Steine unten an den Abhängen der Insel, die ringsum in der Mitte lag, und ebenso unten an den Rändern der Wälle, außen wie innen. Indem sie die Steine dort heraushieben, erhielten sie zugleich in ihnen auf beiden Seiten Hohlräume für Schiffsräume, die den Felsen selbst als Decke hatten.
Sie errichteten auch andere Gebäude aus diesen Steinen, einige von ihnen einfarbig, andere mehrfarbig, indem sie sie zur Freude des Auges aus verschiedenfarbigen Steinen zusammensetzten und ihnen so ihren vollen Reiz verliehen. Schließlich bedeckten sie die Mauer um den äußeren Wall mit Erz, das sie wie ein Salböl auftrugen. Die Mauer um den inneren Wall aber umschmolzen sie mit Zinn, und schließlich die Burg selbst mit Gold-Kupfer-Erz, das einen feuerähnlichen Glanz hatte.
Die königliche Wohnung in der Burg selbst war wie folgt eingerichtet. In ihrer Mitte befand sich ein Tempel, der Kleito und Poseidon geweiht war, den nur die Priester betreten durften und der von einer goldenen Mauer umgeben war. Es war noch die gleiche Mauer, in der sie einst das Geschlecht der zehn Fürsten erschaffen und hervorgebracht hatten. Jedes Jahr wurden die Erstlinge aus allen zehn Regionen als Opfer für jeden von ihnen dorthin geschickt. Außerdem stand dort ein besonderer Tempel des Poseidons, ein Stadium lang, drei Plethres breit und von einer Höhe, die ihm einen erhabenen Anblick gewährte, der aber ein etwas barbarisches Aussehen hatte.
Sie überzogen den ganzen Tempel von außen mit Silber, mit Ausnahme der Zinnen, die mit Gold überzogen wurden. Was das Innere betrifft, so war die elfenbeinerne Decke ganz mit Gold [und Silber] und Gold-Kupfer-Erz geschmückt. Alles andere an den Wänden, Säulen und Estrichen bedeckten sie mit Gold-Kupfer-Erz. Auch stellten sie goldene Bildsäulen darin auf, nämlich den Gott selbst, der auf seinem Wagen stand und sechs geflügelte Pferde lenkte. Er war so groß gestaltet, dass er mit seinem Kopf die Decke berührte. Um ihn herum angeordnet waren die hundert Nereiden auf Delphinen, denn so viele, glaubte man damals, gab es. Außerdem befanden sich noch viele andere Bilder im Tempel als Weihgeschenke von Privatpersonen.
Draußen standen um den Altar herum die Bildsäulen von den zehn Königen selbst und ihren Frauen und allen, die von ihnen abstammten, und viele andere große Weihgeschenke von den Königen wie auch von Privatpersonen, teils aus der Stadt selbst, teils aus den regierten Gebieten, die außerhalb der Stadt lagen. Auch der Altar entsprach in Größe und Ausführung dieser Ausstattung, und die königliche Wohnung war der Größe des Herrschaftsgebietes ebenso angemessen wie die Ausschmückung der Heiligtümer.
Aus den beiden Quellen, sowohl von kaltem als auch von warmem Wasser, die beide Wasser in reicher Fülle hervorbrachten und beide dasselbe an Geschmack und Güte in ganz bewundernswerter Vortrefflichkeit darboten, zogen sie Nutzen. Sie errichteten Gebäude und pflanzten Bäume, wie sie der Ergiebigkeit der Quellen angemessen waren. Auch nutzten sie die Quellen, indem sie Wasserbehälter teils im Freien, teils für warme Bäder für den Winter in überdachten Räumen in der Umgebung errichteten. Spezielle Bäder richteten sie ein für die Könige und andere für die Untertanen, und noch andere für die Frauen und wieder andere für die Pferde und andere Zugtiere. Jedem der Bäder gaben sie die entsprechende Ausrüstung. Das abfließende Wasser wurde in den Hain des Poseidon geleitet, der aufgrund der Güte des Bodens Bäume verschiedener Art und von hervorragender Höhe und Schönheit enthielt, aber auch teilweise durch Kanäle über die Brücken in die äußeren Ringe.
In der Nähe der Wasserleitungen, auf den aus den Wällen bestehenden Inseln, befanden sich auch Heiligtümer vieler Götter, sowie viele Gärten und Übungsplätze, spezielle um den menschlichen Körper zu trainieren und andere für Wagengespanne. Außerdem hatten sie auch eine ausgewählte Rennbahn in der Mitte der größeren Insel, die ein Stadium breit war und deren Länge im ganzen Umfang für den Wettkampf der Pferde eingerichtet war.
Um den äußeren Wallring herum befanden sich auf beiden Seiten die Wohnungen für die Mehrzahl der Trabanten. Die zuverlässigeren unter ihnen hatten ihre Wache jedoch auf dem kleineren, näher an der Burg gelegenen Wallring, während die zuverlässigsten unter ihnen ihre Wohnungen in der Burg selbst rund um den Königspalast hatten. Die Arsenale der Schiffe waren voll von Dreiruderern und allem, was zur Ausrüstung von Dreiruderern gehört. Von ihnen gab es reichlich.
Dies war die Ausstattung der königlichen Wohnung.
Als man die drei Häfen außerhalb davon passiert hatte, kam man auf eine Mauer, die vom Meer ausging und in einem Kreis um die Ringe herumlief, aber fünfzig Stadien vom größten Ring und Hafen entfernt war und an derselben Stelle an der Mündung des Kanals wieder ins Meer endete. Die Mauer war von vielen, dicht gedrängten Wohnungen umgeben. Sowohl der Ausgang als auch der größte Hafen wimmelten von Schiffen und Kaufleuten, die aus allen Gegenden hierher kamen und wegen ihrer Menge bei Tag und bei Nacht Lärm, Tumult und Getöse verschiedener Art verursachten.
Über die Stadt und die ehemalige Residenz der Könige habe ich nun so ziemlich alles erzählt, was mir damals gesagt wurde.
Nun muss ich aber auch versuchen, über die natürliche Beschaffenheit des übrigen Landes und dessen Verwaltung zu berichten.
Zunächst wurde mir das ganze Land als sehr hochgelegen und steil aus dem Meer aufsteigend beschrieben, während das Gebiet um die Stadt herum durchweg als eine Ebene beschrieben wurde. Die Ebene war ihrerseits an mehreren Seiten von Bergen eingeschlossen, die sich bis zum Meer hinunterzogen. Die Ebene wurde beschrieben als eine ganz glatte und ebene Fläche, die in ihrer Gesamtausdehnung eine längliche Form hatte. Ihre Maße betrugen dreitausend Stadien zur Seite, aber in der Mitte nur zweitausend vom Meer aufwärts. Die Ebene lag auf der Südseite der Insel und erstreckte sich von Norden nach Süden.
Die Berge, die sie umgaben, wurden dafür gepriesen, dass sie an Menge, Größe und Schönheit alle heute existierenden übertrafen. Sie enthielten viele Flecken mit einer reichen Zahl von Bewohnern. Sie enthielten Flüssen, Seen und Auen, die genügend Nahrung für alle Arten von zahmen und wilden Tieren boten. Sie fassten Wälder in sich, die in bunter Fülle und in großer Artenvielfalt ein reiches Material für die Werke jeder Art, groß und klein, lieferten. Auf diese Weise war die Ebene von der Natur ausgestattet.
Viele Könige hatten an der weiteren Ausstattung der Ebene gearbeitet. Zum größten Teil bildete sie ein vollständiges Rechteck, aber wo ihr noch die volle Regelmäßigkeit dieser Form fehlte, hatte man ihr diese gegeben, indem man auf allen Seiten einen Graben um sie herumzog. Was man mir über seine Tiefe, Breite und Länge erzählte, mag für ein von Menschenhand geschaffenes Werk unglaublich erscheinen. Es mag unglaublich erscheinen, dass sie dieses Werk von so ungeheurem Ausmaß zusätzlich zu ihren vielen anderen Arbeiten unternommen haben. Dennoch muss ich Ihnen sagen, was ich gehört habe. Der Graben wurde überall einen Plethron tief und ein Stadium breit gegraben, und als die ganze Ebene umrundet war, war der Graben zehntausend Stadien lang. Er nahm das Wasser auf, das von den Bergen herabfloss. Als er die ganze Ebene umrundet hatte und die Stadt auf beiden Seiten berührte, leitete er es auf folgende Weise ins Meer ab. Von seinem oberen Teil aus wurden Kanäle von etwa hundert Fuß Breite in gerader Linie in die Ebene geführt, die sich mit dem (großen) Kanal aus dem Meer vereinigten und hundert Stadien voneinander entfernt waren.
Auf ihnen brachten sie das Holz von den Bergen in die Stadt, aber sie brachten auch alle anderen Produkte des Landes zu Wasser, indem sie Übergänge von den Kanälen ineinander zur Quere und in gleicher Weise zur Stadt gruben. Sie ernteten auch zweimal im Jahr, im Winter mit Hilfe des Regens von Zeus, und im Sommer durch die Bewässerung, die das Land selbst in sich trug, indem man das Wasser aus den Kanälen herleitete.
Was die Zahl der Einwohner anbelangt, so lautete die Anordnung, dass in der Ebene jede Parzelle einen Anführer zu stellen hatte. Die Größe jeder Parzelle betrug etwa hundert Stadien und die Zahl aller sechzigtausend. Auch auf den Bergen und im übrigen Lande gab es eine unaussprechliche Masse von Menschen, aber alle wurden einer dieser Parzellen und Anführer anhand ihrer Ortschaften und Flecken zugeteilt.
Die Anführer waren verpflichtet, jeweils zu sechst einen Kriegswagen für den Krieg zur Verfügung zu stellen, so dass es insgesamt zehntausend von ihnen waren. Sie hatten zudem je zwei Pferde und Reiter, plus ein Pferd und einen Wagen ohne Sessel zur Verfügung zu stellen. Der Wagen ohne Sessel war von einem Krieger bemannt, der einen kleinen Schild trug und auch zu Fuß kämpfte, wenn er abstieg. Zusätzlich zu diesem Wagenkämpfer gab es einen Kutscher für die beiden Pferde, zwei schwer bewaffnete Männer, zwei Bogenschützen und zwei Schleuderer, sowie drei Steinschleuderer und drei Speerträger ohne Rüstung. Schließlich gab es vier Matrosen zur Bemannung von zwölfhundert Schiffen. So war die Kriegsführung im königlichen Staat organisiert, aber in den anderen neun Staaten auf unterschiedliche Weise, deren Erörterung zu lange dauern würde.
Von Anfang an waren die Herrschaftsverhältnisse und die staatliche Würde wie folgt organisiert. Jeder der zehn Könige herrschte über die Bewohner seiner Stadt in dem ihm zugefallenen Gebiet. Er stand über den meisten Gesetzen, so dass er bestrafte und hinrichtete, wen immer er für richtig hielt. Die Herrschaft über die Könige selbst war wechselseitig und gemeinschaftlich nach den Anordnungen des Poseidons, wie sie ihnen durch ein Gesetz überliefert wurden, das ihre Vorfahren in eine Säule aus Gold-Kupfer-Erz eingraviert hatten.
Die Gesetzessäule stand in der Mitte der Insel, im Heiligtum des Poseidons. Hier kamen die Könige abwechselnd jedes fünfte und sechste Jahr zusammen, um der geraden und der ungeraden Zahl gleiches Recht zu geben, und bei diesen Versammlungen berieten sie teils über gemeinsame Angelegenheiten, teils untersuchten sie, ob einer von ihnen eine Übertretung begangen hatte, und saßen vor Gericht.
Doch als sie vor Gericht gingen, gaben sie sich zunächst gegenseitig wie folgt ein Treuegelöbnis. Unter den zehn Stieren, die frei im Heiligtum des Poseidons weideten, veranstalteten sie eine Jagd, nachdem sie zu dem Gott gebetet hatten, dass es ihnen gelingen möge, das ihm genehme Opfertier zu fangen. Sie fingen den Stier ohne Eisen, nur mit Schnüren und Seilen, und den Stier, den sie fingen, brachten sie auf die Spitze der Säule und schlachteten ihn dort direkt über der Inschrift. Außer dem Gesetz stand auch ein Eid auf der Säule, der schreckliche Flüche über diejenigen aussprach, die ihm nicht gehorchten.
Als sie auf diese Weise alle Glieder des Stieres nach ihren Gebräuchen dem Opfergott geweiht hatten, bereiteten sie einen Mischbecher vor und warfen für jeden der Könige einen Tropfen geronnenes Blut hinein. Den Rest aber warfen sie ins Feuer, nachdem sie die Säule gereinigt hatten. Dann schöpften sie aus dem Mischbecher mit goldenen Trinkgefäßen. Während sie die Spenden daraus ins Feuer schütteten, schworen sie, nach den Gesetzen auf der Säule zu richten und jeden unter ihnen zu bestrafen, der ein Vergehen begangen hatte. Sie schworen, auch in Zukunft keine dieser Vorschriften vorsätzlich zu übertreten und weder anders zu regieren noch einem anderen Herrscher zu gehorchen als dem, der nach den Gesetzen des Vaters regierte. Nachdem jeder von ihnen dies für sich und seine Familie gelobt hatte, trank er und weihte dann die Becher als Gabe für das Heiligtum des Gottes. Dann wandten sie sich dem Mahl zu, um die Bedürfnisse ihrer Körper zu befriedigen.
Sobald es dunkel wurde und das Opferfeuer erlosch, kleideten sie sich alle in ein blaues Gewand von höchster Schönheit, und so, bei der Glut des Eidopfers auf der Erde sitzend, während das Feuer im Heiligtum völlig erlosch, empfingen sie bei Nacht das Recht und sprachen es aus, etwa wenn einer von ihnen den anderen einer Übertretung beschuldigte. Nach der Verkündung des Urteils schrieben sie die Urteile, sobald es Tag wurde, auf eine goldene Tafel und weihten sie zusammen mit jenen Gewändern zum Gedenken.
Es gab noch viele andere Gesetze, die die Rechte der Könige für jeden einzelnen festlegten, vor allem aber das, dass sie niemals gegeneinander zu den Waffen greifen, sondern sich gegenseitig allgemeine Hilfe leisten sollten, wenn zum Beispiel einer versuchte, die königliche Familie in irgendeiner Stadt auszulöschen. Nach gemeinsamer Beratung entschieden sie wie ihre Vorfahren in Bezug auf den Krieg und alle anderen Angelegenheiten, wobei sie den Vorsitz und das oberste Kommando der Familie von Atlas überließen. Außerdem sollte ein König nicht die Befugnis haben, einen seiner Verwandten hinzurichten, es sei denn, mehr als die Hälfte der zehn (Könige) hätte dies genehmigt.
Diese Macht von solcher Art und solchem Umfang, wie sie damals in jenen Gegenden bestand, führte der Gott, indem er sie versammelte, nun auch gegen unser Land. Wie es heißt, gaben folgende Umstände Anlass dazu. Durch viele Generationen hindurch, solange die Natur des Gottes noch in ihnen wirksam war, waren sie den Gesetzen gehorsam und zeigten ein freundliches Verhalten gegenüber dem ihnen verwandten Göttlichen. Denn sie besaßen wahre und beständig große Gesinnung und zeigten eine mit Besonnenheit gepaarte Sanftmut gegenüber allen möglichen Wechselfällen des Schicksals wie auch untereinander. Da sie gerade deshalb alles andere außer der Tugend für wertlos hielten, schätzten sie alle verfügbaren Güter des Glücks gering. Sie betrachteten mit Gleichmut und eher wie eine Last die Masse ihres Goldes und ihrer anderen Besitztümer. Sie berauschten sich nicht an der Schwelgerei in ihren Reichtümern, so dass sie dadurch die Beherrschung über sich selbst verloren hätten, sondern erkannten mit nüchternem Scharfblick, dass all dies seinen Wert nur durch gemeinsame Freundschaft in Verbindung mit Tugend erhält. Durch Eifer und Streben nach mehr Macht verflüchtigt der Reichtum sich nicht nur selbst, sondern vernichtet auch jene Werte mit ihm. Infolge dieser Grundsätze und des fortwährenden Wirkens der göttlichen Natur in ihnen ist alles, was ich euch soeben gesagt habe, gediehen.
Als aber ihr Anteil am Wesen Gottes durch die mannigfache und häufige Beimischung des Sterblichen in ihnen zu schwinden begann und die menschliche Natur die Oberhand gewann, erst dann waren sie dem vorhandenen Reichtum nicht mehr ebenbürtig und entarteten und erschienen denen, die ihn zu erkennen vermochten, niedrig, indem sie das Schönste von allem, was geehrt zu werden verdient, zerstörten. Denen aber, die nicht fähig waren, ein Leben zu beschreiten, das wirklich zum Glück führt, erschienen sie umso herrlicher und seliger, als sie eine Fülle von ungerechtem Gewinn und ungerecht erworbener Macht besaßen.
Zeus aber, der Gott der Götter, der nach den Gesetzen regiert und dies wohl zu erkennen vermag, beschloss, als er ein vortreffliches Geschlecht so schändlich herabsinken sah, ihnen eine Strafe aufzuerlegen, damit sie, dadurch zur Besinnung gebracht, zu einer edleren Lebensweise zurückkehren würden.
Er berief daher alle Götter in ihren ehrwürdigsten Wohnsitz zusammen, welcher in der Mitte des Weltalls liegt und eine Überschau aller Dinge gewährt, welche je des Werdens teilhaftig wurden. Nachdem er die Götter zusammenberufen hatte, sprach er ...