Die Chronologie der sumerischen Mythen

Einleitung

Die sumerischen Mythen lassen sich anhand verschiedener Kriterien in eine sinnvolle chronologische Reihenfolge bringen. Dabei ist nicht die Reihenfolge gemeint, in der die Mythen aufgeschrieben worden sind, sondern die Reihenfolge, in der die im Text beschriebenen mythologischen Ereignisse stattgefunden haben sollen.

Die Abbildung oben rechts zeigt die ungefähren Datierungen der Haupthandlungen. Auf der linken Seite der Abbildung finden Sie die historischen Ereignisse, die zur Datierung beigetragen haben.

Es fällt auf, dass die ersten Mythen eine Zeit beschreiben, die lange vor der Erfindung der Schrift liegt. Die Datierung in diese Zeit bedeutet nicht, dass die Mythen den damaligen Menschen schon bekannt waren und dass sie über einen solch langen Zeitraum mündlich tradiert wurden. Es bedeutet vielmehr, dass die Autoren die Mythen bewusst in eine ferne Vergangenheit gelegt hatten, die durch die Gründung der ersten Städte charakterisiert wird. Diese Seite erläutert detailliert, weshalb die Mythen so wie oben dargestellt datiert worden sind.

Enki und Ninhursag

5500 v. Chr.

Der früheste überlieferte Mythos erzählt von einer bemerkenswerten Beziehung: Enki, der Gott des Süßwassers und der Weisheit, verliebt sich in Ninhursag, die Erdmutter und „Herrin des Ödlandes“. Gemeinsam verwandeln sie die öde Landschaft von Dilmun in ein Paradies, indem sie Süßwasserquellen erschließen und fruchtbares Land schaffen.

Dass dieser Mythos in die früheste Phase der sumerischen Geschichte gehört, etwa 5500 v. Chr., zeigen mehrere Hinweise:

  • Es werden noch keine sumerischen Städte oder Tempel erwähnt – nicht einmal Eridu, die spätere Stadt Enkis
  • Die Handlung spielt außerhalb des späteren sumerischen Kernlandes, in Dilmun (vermutlich das heutige Bahrain)
  • Sonne und Mond werden noch als Himmelskörper und nicht als handelnde Götter beschrieben, welche erst später geboren werden

Der Mythos markiert somit den Übergang von der Hassuna-Zeit zur Ubaid-Zeit, welcher um 5500 v. Chr. stattfand.

Ende der Hassuna Zeit – Beginn der Ubaid Zeit

Enki und Ereschkigal

5400 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit als Eridu, die Stadt Enkis, gegründet worden ist. Er erzählt von Enkis Versuch, seine Zwillingsschwester Ereschkigal aus der Unterwelt zurückzuholen. Ereschkigal erklärt Enki jedoch, dass sie hierher kam um die Herrschaft über die Unterwelt zu übernehmen und dass sie diese wichtige Aufgabe nicht aufgeben will. Bemerkenswert ist, dass Enki am Ende des Mythos von ihr einen Samen erhält, aus dem später der Huluppu-Baum wachsen wird – ein Baum, der in späteren Mythen eine wichtige Rolle spielt weil er die Welt der Menschen mit der Unterwelt und dem Himmel verbindet.

Die Handlung wird auf etwa 5400 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Eridu, die Stadt Enkis, wurde um 5400 v. Chr. gegründet
  • Andere wichtige Städte der späteren Zeit wie Nippur, Ur oder Uruk werden noch nicht erwähnt
  • Der Huluppu-Baum existierte zu Beginn des Mythos noch nicht

Der Mythos markiert somit den Beginn der Ubaid Periode.

Enlil und Ninlil

4900 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit als Nippur, die spätere Hauptstadt des Luftgottes Enlil, noch eine kleine Siedlung war. Er beschreibt, wie der jugendliche Enlil die junge Göttin Ninlil verführt, nachdem er ihr mehr Reife und Anziehungskraft verliehen hat. Mit ihr zeugt er den Mondgott Nanna, den späteren Stadtgott von Ur. Da Enlil durch die Veränderung von Ninlils Schicksal seine Befugnisse überschritten hat, sollte er in die Unterwelt verbannt werden, doch ihm gelang, während er  sich Richtung Unterwelt aufmachte, auch sein eigenes Schicksal selbst zu bestimmen.

Die Handlung wird auf etwa 4900 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Die Geschichte spielt in Nippur, das zu dieser Zeit gerade erst besiedelt wurde
  • Der Mondgott Nanna wird in diesem Mythos gezeugt – er muss also geboren sein, bevor er in späteren Mythen als erwachsener Gott auftritt

Ninurta und die Schildkröte

4100 v. Chr.

In dem Mythos Ninurta und die Schildkröte kommt tatsächlich gar keine Schildkröte vor. Der Name ist auf einen Übersetzungsfehler zurückzuführen. Der Mythos spielt zu einer Zeit, in der der Adler Anzu noch jung war. In dem Mythos hat der junge Anzu Vogel die Schicksalstafel gestohlen mit der die Schicksale der Igigi verfügt werden können. Dem Krieger Ninurta, der selber ein Igigi ist, gelingt es, Anzu die Tafel wieder abzunehmen. Er erhält von Enki die Aufgabe, aufzupassen, dass Anzu die Tafel kein zweites Mal stehlen kann. Damit ihm dies gelingen kann, müssen ein paar Änderungen an Ninurtas Bewusstsein durchgeführt werden, in deren Verlauf Ninurta auch seine wichtigste Waffe, den Šarur Streitkolben, von Enki erhält.

Die Handlung des Mythos wird auf etwa 4100 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Anzu ist zu dieser Zeit noch jung. Die Handlung muss also zeitnah zum Beginn der sumerischen Geschichtsschreibung stattgefunden haben.
  • Die Schicksalstafel wird zu dieser Zeit in Betrieb genommen. Die Handlung dürfte nach der Rebellion der Igigi stattgefunden haben, die am Anfang des Atrahasis Epos erwähnt wird und die auf etwa 1200 Jahre vor der Sintflut datiert wird. Da die Sintflut auf 2900 v. Chr. datiert wird, ergibt sich 4100 v. Chr. als wahrscheinlichster Zeitpunkt der Handlung. Allerdings sind die Zeitangaben im Atrahasis Epos ungenau. Daher könnte die Handlung auch ein paar hundert Jahre früher datiert werden.
  • Der Abzu, der sich nahe Enkis Stadt Eridu befindet, wird erwähnt, aber ansonsten werden keine anderen Städte genannt. Auch dies deutet darauf hin, dass die Handlung vor 4000 v. Chr. stattgefunden hat.

Nanna und Ningal

4000 v. Chr.

Der Mythos spielt in den Sümpfen nahe Eridu, der Stadt des Weisheitsgottes Enki. Er beschreibt die Liebesgeschichte zwischen dem jungen Mondgott Nanna, Sohn von Enlil und Ninlil, und der Traumdeuterin Ningal. Aus ihrer Verbindung gehen Utu, der spätere Sonnengott und Inanna, die später Stadtgöttin Uruks hervor.

Die Handlung wird auf etwa 4000 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Eridu wird als etablierte Stadt erwähnt
  • Ur, die spätere Hauptstadt des Mondkultes, in der Nanna residiert, wird hier erstmals erwähnt

Inanna und An

3900 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit, als Uruk noch eine kleine Siedlung war. Er beschreibt, wie die junge Göttin Inanna, Tochter des Mondgottes Nanna, den Tempel E-ana vom Himmel auf die Erde nach Uruk bringt – gegen den Willen des Himmelgottes An, der seine Macht an diesen Tempel gebunden hatte. Dieser Mythos markiert den Beginn von Uruks Aufstieg zu einem wichtigen kulturellen Zentrum und Inannas wachsenden Einfluss.

Die Handlung wird auf etwa 3900 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Inanna, die im vorherigen Mythos geboren wurde, ist jetzt eine junge Göttin
  • Uruk existiert bereits als kleine Siedlung
  • Der Mythos beschreibt Ereignisse, die vor Uruks Expansion stattfinden, die um 3800 v. Chr. begann
  • Der Tempel E-ana wird hier erstmals erwähnt – er wird in späteren Mythen eine wichtige Rolle spielen

Inanna und Enki

3500 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit als Uruk bereits zu einer Stadt geworden war, aber das Machtzentrum noch in Eridu lag. Er beschreibt, wie die junge Göttin Inanna den Weisheitsgott Enki betrunken macht und ihm die göttlichen Kräfte (ME) abnimmt – fundamentale Aspekte für den Aufbau einer Zivilisation mit Herrschaft, Handwerk, Musik und Schrift. Als Enki seinen Verlust bemerkt und die Kräfte zurückfordert, ist es bereits zu spät: Inanna kann sie sicher nach Uruk bringen. Der Verlust der göttlichen Kräfte führt zu einer Katastrophe in Eridu.

Die Handlung wird auf etwa 3500 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Uruk ist bereits eine bedeutende Stadt und der E-ana Tempel wird als etabliertes Heiligtum in Uruk erwähnt
  • Der Mythos endet mit der Erwähnung einer großen Flut, die Eridu heimsuchte nachdem Enki die göttlichen Kräfte verloren hatte. Dies dürfte die Flut gewesen sein, die für 3500 v. Chr. in Eridu und Ur nachgewiesen ist.
  • Der Mythos erklärt den Machtwechsel von Eridu nach Uruk, der archäologisch für diese Zeit nachgewiesen ist

Ende der Ubaid Periode – Beginn der Uruk Zeit

Das Werben von Inanna und Dumuzi

3400 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit als Uruk zu einer bedeutenden Metropole aufsteigt. Er beschreibt, wie Inanna sich in den Hirten Dumuzi verliebt und ihn zu ihrem Gemahl und König von Uruk macht. Für die zeitliche Einordnung ist wichtig, dass Dumuzi laut der sumerischen Königsliste ein vorsintflutlicher König war, also vor der zweiten großen Flut (der Sintflut) regierte, die um 2900 v. Chr. stattfand.

Die Handlung wird auf etwa 3400 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Uruk ist bereits eine expandierende Stadt, was auf die Zeit nach dem Transfer der göttlichen Kräfte hinweist
  • Der E-ana Tempel wird als etabliertes Zentrum der Macht beschrieben
  • Inanna wird im nachfolgenden Mythos, der auf die Zeit um 3350 v. Chr. datiert wird, bereits als Mann von von Dumuzi bezeichnet.

Enki und die Weltordnung

3350 v. Chr.

Der Mythos spielt zu der Zeit als Eridu sich von der ersten großen Flut erholte. Er beschreibt, wie der Weisheitsgott Enki das durch die Flut verwüstete Land wieder aufbaut und die Aufgaben unter den Göttern neu verteilt. 

Die Handlung wird auf etwa 3350 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Der Mythos spielt nach der ersten großen Flut von 3500 v. Chr.
  • Die Flut ist gerade dabei, in Vergessenheit zu geraten, was auf etwa 150 Jahre nach der Flut hindeutet.
  • Eridu wird als wiederaufgebaute, aber noch im Sumpf stehende Stadt beschrieben und Ur wird als im Wasser gebadet beschrieben
  • Die göttlichen Kräfte befinden sich bereits in Inannas Besitz, was auf die Zeit nach dem Mythos „Inanna und Enki“ hinweist
  • Inanna ist mit Dumuzi verheiratet. Daher muss dieser Mythos nach dem Mythos „Das Werben von Inanna und Dumuzi“, aber vor dem Mythos „Inannas Abstieg in die Unterwelt“ datiert werden.
  • Die beschriebene Neuordnung des Landes passt zu archäologischen Befunden dieser Zeit, die eine Phase intensiver Reorganisation belegen

Inannas Abstieg in die Unterwelt

3300 v. Chr.

Der Mythos spielt in der Blütezeit Uruks, als Inanna mit dem König Dumuzi verheiratet war. Er beschreibt, wie Inanna beschließt, ihre ältere Schwester Ereschkigal in der Unterwelt zu besuchen. An jedem der sieben Tore zur Unterwelt muss sie ein Kleidungsstück oder einen Schmuck ablegen, so dass sie schließlich nackt und ohne ihre göttlichen Kräfte vor Ereschkigal steht. Ereschkigal lässt sie töten, doch durch die Hilfe des Weisheitsgottes Enki wird sie wiederbelebt. Als Ersatz für sich selbst schickt sie ihren Ehemann Dumuzi in die Unterwelt.

Die Handlung wird auf etwa 3300 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Der Mythos spielt nach Inannas Hochzeit mit Dumuzi
  • Alle wichtigen Städte (Eridu, Nippur, Ur und Uruk) werden erwähnt
  • Da Dumuzi ein vorsintflutlicher König war, muss der Mythos auf die Zeit vor 2900 v. Chr. datiert werden.
  • Im Mythos wird betont, dass Inanna ihre Städte und deren Tempel während ihres Abstiegs ungeschützt zurücklässt. Es ist daher naheliegend, dass mit diesem Mythos erklärt werden sollte, weshalb sie während einer Naturkatastrophe nicht helfend eingreifen konnte. Durch ihre Handlungen (hier: das Verlassen ihrer Tempel) Kollateralschäden zu verursachen ist in den Mythen typisch für Inanna.
  • Die besagte Katastrophe könnte die im Atrahasis Epos erwähnte Suruppu Krankheit gewesen sein, die laut dem Epos mehrere Hundert Jahre vor der Sintflut stattfand. Dafür, dass der Mythos zeitgleich mit einer Epidemie zu datieren ist, sprechen, dass die Unterwelt, also das Totenreich, im Mythos thematisiert wird, dass der Tod am Beispiel Inannas thematisiert wird, dass auch Ereshkigal nach dem Tod Inannas an einer Krankheit litt und dass Ereschigal als abgrundtief böse dargestellt wird, was sie laut dem Mythos „Enki und Ereschkigal“ eigentlich nicht war. Allerdings hilft dies wenig bei der Datierung, da aus archäologischen Ausgrabungen nicht bekannt ist, wann diese Epidemie stattgefunden hat. 

Der Adapa Mythos

3300 v. Chr.

Der Mythos erzählt von Adapa, einem weisen Priester Enkis. Eines Tages, als er beim Fischen war, zog ein Sturm auf und der Südwind brachte sein Boot zum Kentern. Adapa brach aus Not dem Südwind die Flügel, wodurch der Wind für eine Zeit stillstand. Dies verärgert den Himmelsgott An, der Adapa daraufhin zu sich ruft, um sich zu rechtfertigen. 

Der Mythos wird auf etwa 3300 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Der Mythos erwähnt, dass der Hirtengott Dumuzi vor kurzem die Erde verlassen habe. Die Handlung des Mythos muss also kurz nach Inannas Abstieg in die Unterwelt spielen,
  • Adapa wird vermutlich im Mythos Enki und die Weltordnung erwähnt. Der Mythos Enki und die Weltordnung wurde auf 3350 v. Chr. datiert. Zu diesem Zeitpunkt war Inanna noch mit Dumuzi verheiratet. Da Adapa sterblich war, dürfte die Handlung des Adapa Mythos kurz darauf stattgefunden haben, also um etwa 3300 v. Chr.

Der Atrahasis Epos

2900 v. Chr.

Der Mythos beginnt zu einer Zeit, als die Igigi noch als Menschen inkarnierten und die schwere Arbeit des Kanalbaus verrichteten. Er beschreibt, wie die Igigi dagegen rebellierten und wie daraufhin den Menschen von Ninhursag Intelligenz verliehen wurde, damit sie diese Arbeit übernehmen konnten. Als die Menschen sich zu stark vermehrten, versuchten die Götter ihre Anzahl durch die Suruppu-Krankheit und eine Dürre zu reduzieren. Als dies nicht half, beschlossen sie die große Flut (die Sintflut) zu schicken. Nur Atrahasis, der König von Shuruppak, wurde von Enki gewarnt und überlebte die Flut in einem Boot.

Der Beginn der Handlung wird auf die Zeit um 4000 v. Chr. datiert, das Ende der Handlung auf etwa 2900 v. Chr.. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Die beschriebene Sintflut wurde anhand von Ablagerungen in Shuruppak auf etwa 2900 v. Chr. datiert
  • Der Text erwähnt zwei frühere Versuche, die Bevölkerung zu reduzieren: die Suruppu-Krankheit und eine Dürre. Im Text wird beschrieben, dass zwischen diesen Ereignissen jeweils mehrere hundert Jahre lagen
  • Der Beginn der Handlung, als die Igigi noch die Arbeit der Menschen verrichteten, muss daher um 4000 v. Chr. liegen

Ende der Uruk Zeit – Beginn der frühdynastischen Zeit

Der Etana Mythos

2850 v. Chr.

Der Mythos spielt kurz nach der Sintflut, als die Menschen wieder begannen sich zu organisieren. Er beschreibt, wie Etana, der erste König von Kish, einem in eine Grube geworfenen Adler zu Hilfe kommt. Dieser Adler ist Anzu, ein mächtiges Wesen, das später noch in mehreren Mythen eine wichtige Rolle spielen wird. Als Dank dafür trägt Anzu den Etana in den Himmel zu den Göttern, wo vermutlich bereits ein Thron auf Etana wartet. Dies ist die Kurzfassung eines komplexen, sehr tiefgründigen Mythos.

Die Handlung wird auf etwa 2850 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Der Mythos spielt kurz nach der Sintflut von 2900 v. Chr.
  • Laut der sumerischen Königsliste war Etana der erste König von Kish und derjenige, der das Land nach der Sintflut stabilisierte
  • Die beschriebene Wiederherstellung der Ordnung passt zu archäologischen Befunden dieser Zeit

Lugalbanda in der Beghöhle

Lugalbanda und der Anzu-Vogel

Enmerkar und En-Suhgir-Ana

Lugalbanda und der Herr von Aratta

2700 v. Chr.

Diese Mythen spielen zur Zeit des Königs Enmerkar von Uruk, als dieser einen Feldzug gegen die reiche Stadt Aratta führt, in welcher En-Suhgir-Ana herrscht. Sie beschreiben, wie Lugalbanda, ein Offizier Enmerkars, während der Reise erkrankt und in einer Höhle zurückgelassen wird, wo er zunächst ums Überleben kämpft und später geheilt wird. Lugalbanda begegnet dem mächtigen Adler Anzu und erhält von ihm besondere Fähigkeiten. Lugalbanda erreicht schließlich die Truppen vor Aratta. Seine Handlungen tragen dazu bei, die Götter zu Gunsten von Uruk zu beeinflussen und Aratta zur Unterwerfung zu bewegen.

Die Handlung wird auf etwa 2700 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Enmerkar war laut der sumerischen Königsliste einer der frühen Könige von Uruk nach der Sintflut von 2900 v. Chr. Insbesondere lebte er vor Gilgamesch, also vor 2600 v. Chr.

Inanna und der Huluppu Baum

2600 v. Chr.

Der Mythos erzählt die Geschichte eines besonderen Baumes, den wir bereits aus dem Mythos „Enki und Ereschkigal“ kennen: des Huluppu-Baums, der die Welt der Menschen mit der Unterwelt und dem Himmel verbindet. Der Baum war ursprünglich von Enki in Eridu, am Ufer des Euphrat gepflanzt worden, wurde dann von Inanna nach Uruk gebracht und dort von drei mächtigen Wesen bewohnt: dem Adler Anzu in der Krone, einer unbestechlichen Schlange an der Wurzel und der dunklen Magd Lilith im Stamm. Der Mythos beschreibt, wie der Held Gilgamesch den Baum schließlich fällt.

Die Handlung wird auf etwa 2600 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Die Handlung spielt zu Lebzeiten von Gilgamesch, der laut der sumerischen Königsliste um diese Zeit König von Uruk war.
  • Archäologische Funde zeigen, dass die Mauer von Uruk zu dieser Zeit verstärkt worden ist, was Gilgamesch zugeschrieben wird.

Das Gilgamesch Epos

2600 v. Chr.

Das Epos beschreibt die Abenteuer des Gilgamesch, König von Uruk. Es erzählt, wie der zunächst tyrannische Herrscher durch die Freundschaft mit dem Wildmenschen Enkidu menschlicher wird, mit ihm gemeinsam den Waldriesen Humbaba besiegt und den von der Göttin Inanna gesandten Himmelsstier tötet. Nach Enkidus Tod sucht Gilgamesch verzweifelt nach Unsterblichkeit und besucht dafür Utnapishtim (auch Atrahasis genannt), der die große Flut überlebt hat. Doch da auch er schließlich auf dem Totenbett liegt, wird über Gilgamesch gesagt, dass Unsterblichkeit nicht das Schicksal sei, das die Götter für ihn vorgesehen hätten.

Die Handlung wird auf etwa 2600 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Die Handlung spielt zu Lebzeiten von Gilgamesch, der um diese Zeit König von Uruk war
  • Die Verstärkung der im Epos erwähnten Stadtmauer von Uruk, die Gilgamesch zugeschrieben wird, wurde archäologisch auf diese Zeit datiert
  • In Gilgameschs Gespräch mit Utnapishtim wird die Sintflut bereits als länger zurückliegendes Ereignis beschrieben

Mit dem Ende der frühdynastischen Zeit und der Eroberung durch Sargon von Akkad beginnt eine neue Phase in der Geschichte Mesopotamiens. Interessanterweise entstehen in der folgenden Akkad-Zeit und während der dritten Dynastie von Ur (bis 2000 v. Chr.) kaum neuen Mythen dieser Art.

Ende der frühdynastischen Zeit

Der Anzu Mythos

1900 v. Chr.

Eine der letzten großen sumerischen Mythen erzählt vom Ende des Adlers Anzu, den wir bereits aus den Mythen um Etana, Lugalbanda und den Huluppu-Baum kennen. Er beschreibt, wie Anzu von Enlil beauftragt wird, die Schicksalstafel zu bewachen. Doch Anzu stiehlt diese Tafel, die ihm die Macht gibt, die Schicksale der Igigi zu bestimmen. In einem Kampf gelingt es schließlich Ninurta, Anzu zu töten und die Schicksalstafel zurückzubringen.

Die Handlung wird auf etwa 1900 v. Chr. datiert. Dafür sprechen folgende Hinweise:

  • Da Anzu in diesem Mythos stirbt, muss dies chronologisch der letzte Mythos sein, in dem er vorkommt
  • Anzu wurde noch zu Beginn der Isin-Larsa-Zeit (2025-1763 v. Chr.) verehrt. Die mythologische Handlung muss also nach deren Beginn stattgefunden haben.
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